Mit der bevorstehenden Bildung der neuen Bundesregierung beginnt eine auch wirtschaftspolitisch bedeutende Phase. Die künftige Koalition aus Union und SPD muss die ersten 100 Tage nutzen, um wichtige Impulse zu setzen sowie Handlungsfähigkeit und Entschlossenheit unter Beweis zu stellen und eine Aufbruchsstimmung zu erzeugen. Das fordert Jörn Wahl-Schwentker, Präsident der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK).
„Aus Sicht der Wirtschaft braucht es jetzt starke Signale für Planungssicherheit, Investitionen und unternehmerische Freiheit“, sagt der IHK-Präsident. „Die neue Bundesregierung hat die Chance, gleich zu Beginn wirtschaftspolitisch den richtigen Kurs einzuschlagen. Unsere Unternehmen brauchen weniger Bürokratie, wettbewerbsfähige Energiepreise und verlässliche Rahmenbedingungen für Investitionen. Deutschland muss international wieder an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen. Dafür braucht es Mut, Tempo und Klarheit“, so Wahl-Schwentker. In Ostwestfalen seien die Unternehmen bereit, Verantwortung zu übernehmen, betont der IHK-Präsident. „Aber sie brauchen ein Umfeld, das unternehmerisches Engagement nicht bremst, sondern ermöglicht.“
Fünf zentrale Handlungsfelder
Auch IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke fordert entschlossenes Handeln: „Die Wirtschaft steht in den Startlöchern. Jetzt ist der richtige Moment für wegweisende Entscheidungen – für Steuervereinfachung, Digitalisierung, beschleunigte Genehmigungen und eine wirksame Fachkräftestrategie. Gerade unsere von Familienunternehmen geprägte Wirtschaft in Ostwestfalen wartet nicht auf Förderprogramme – sie investiert, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.“
Die IHK sieht fünf zentrale Handlungsfelder zur sofortigen Umsetzung für einen wirtschaftspolitischen Neustart: Sie fordert einen wirksamen Bürokratieabbau durch ein Aufschwung-Gesetz und schnellere Genehmigungen. Zudem sollten neben wettbewerbsfähigen Energiepreisen auch klare Regelungen für die CO₂-Speicherung getroffen werden. Drittens brauche es steuerliche Anreize für Investitionen. Viertens eine praxisnahe Digitalisierungspolitik, die Cybersicherheit und KI-Anwendungen fördert. Und fünftens gezielte Maßnahmen zur Fachkräftesicherung, etwa durch flexible Arbeitszeiten mit wöchentlicher statt täglicher Höchstarbeitszeit, eine Verbesserung des Aufstiegs-Bafögs für den erleichterten Zugang zur höheren Berufsbildung sowie eine vereinfachte Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte.
Richtige Weichenstellungen durch Bundesregierung
Es gehe nun darum, kurzfristig erste Maßnahmen zu ergreifen, die auch im Unternehmensalltag ankommen und positive Effekte für Wachstum, Beschäftigung und Investitionsdynamik entfalten können, betont Pigerl-Radtke. So sollte die Bundesregierung konkret zum 1. Juli die Stromsteuer auf das europäische Minimum senken, um alle Betriebe bei den Energiekosten zu entlasten. Die Reduzierung der Netzentgelte könne zum Jahreswechsel folgen. Auch sollte der Investitionsbooster, der eine 30-prozentige degressive Abschreibung für Ausrüstungsinvestitionen vorsieht, rückwirkend zum 1. Januar 2025 eingeführt werden.
„Die Erwartungen der Wirtschaft sind klar“, sagt IHK-Präsident Jörn Wahl-Schwentker: „Jetzt ist der Zeitpunkt, mutige Entscheidungen zu treffen und Vertrauen aufzubauen – bei Unternehmen, Fachkräften und Verbrauchern.“ Er betont: „Ostwestfalen ist wirtschaftlich stark – und das soll auch für die Zukunft gelten. Damit das gelingt, muss die Bundesregierung jetzt die richtigen Weichenstellungen vornehmen und klare Aufbruchssignale senden.“