IHK-Präsident zum Wahlausgang
„Die Wahl war nur der allererste Schritt. Entscheidend wird nun sein, dass es Friedrich Merz und der Union möglichst schnell gelingt, eine handlungsfähige und stabile Regierung zu bilden. Sie muss in der Lage sein, den viel zu lange vorherrschenden wirtschaftspolitischen Stillstand, der für unsere Unternehmen Rückschritt bedeutet, zu beenden und die dringend benötigten Impulse für einen Aufschwung zu setzen“, kommentiert Jörn Wahl-Schwentker, Präsident der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld, den Ausgang der Bundestagswahl.
Die neue Bundesregierung müsse Wirtschaftspolitik zum Top-Thema machen, fordert der IHK-Präsident. „Nahezu drei Jahre lang wirtschaftliches Schrumpfen haben nicht nur unserer Region Ostwestfalen, sondern dem ganzen Land geschadet. Es geht nunmehr darum, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft wiederherzustellen, die in den vergangenen Jahren zusehends sichtbar gewordenen strukturellen Schwächen des Standorts zu tilgen und mit der nötigen Entschlossenheit auch Reformen und Veränderungen umzusetzen“, so Wahl-Schwentker.
„Wir brauchen ein Sofortprogramm zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Das gilt beispielsweise bei den Energiekosten, die im internationalen Vergleich schlicht zu hoch sind. Für Strom zahlen Industrieunternehmen in Deutschland im Durchschnitt mindestens doppelt so viel wie in den USA oder in China. Günstigere Energie und eine gesicherte Versorgung wären wichtige Bausteine, um den Standort Deutschland wieder konkurrenzfähiger zu machen.“
Auch viele Unternehmen in Ostwestfalen warteten dringend auf solch einen Schritt. „Eine Reduzierung der Stromkosten durch Senkung der Netzentgelte und der Stromsteuer – und damit eine Entlastung sowohl der Wirtschaft in ihrer Breite als auch der Bürger – wäre ein erstes starkes Signal“, erklärt der IHK-Präsident.
Aber auch die Arbeitskosten seien zu hoch, nicht zuletzt wegen der erneut stark gestiegenen Lohnnebenkosten. Die Sozialabgabenquote liege nun bei 42 Prozent. „Diese Entwicklung, die ohne Eingreifen in den kommenden Jahren weitergehen wird, zeigt beispielhaft den großen Reformbedarf, den wir in Deutschland haben“, sagt Wahl-Schwentker.
„Dabei brauchen wir verbesserte Arbeitsanreize und wirkungsvolle Instrumente, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen, der nahezu alle Branchen betrifft und uns als große Herausforderung dauerhaft begleitet. Wir benötigen dafür auch eine fokussiertere Berufsorientierung, einen Ausbau der Weiterbildung, verbesserte Betreuungsangebote sowie eine gut gesteuerte Arbeits- und Fachkräftezuwanderung“, erklärt der IHK-Präsident.
„Von zentraler Bedeutung ist zudem ein konsequenter Bürokratieabbau. Es gibt viel zu viele und zu weitreichende Berichts- und Dokumentationspflichten. Hier muss es eine spürbare Reduzierung geben. Entsprechende Ankündigungen der EU-Kommission sind ein Hoffnungsschimmer, dem jetzt Taten auf allen Ebenen folgen müssen. Dazu zählt auch die Digitalisierung und Beschleunigung von Behördenprozessen. Wichtig wären etwa eine zentrale Plattform für wesentliche Verwaltungsvorgänge oder Praxis-Checks für neue Gesetze und Verordnungen.“
Eine weitere Stellschraube sei eine Unternehmenssteuerreform, so der IHK-Präsident. Er fordert: „Wir brauchen Anreize für Innovationen und Investitionen. In Deutschland liegt die durchschnittliche Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften bei rund 30 Prozent, im EU-Durchschnitt sind es nur gut 21 Prozent. Auch hier muss es Bewegung geben, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und damit einhergehend auch Ostwestfalens wiederherzustellen.
Entscheidend ist neben einem Stimmungsumschwung auch, dass Politik wieder verlässlich wird. Die Unternehmen benötigen Planungssicherheit, insbesondere für langfristige Investitionen.“ Wahl-Schwentker betont:
„Es muss jetzt höchste Priorität haben, den Hebel in der Wirtschaftspolitik umzulegen.“