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Vertragsverhandlungen und Vertragsschlüsse sind kennzeichnend für das Geschäftsleben. Zwar haben beide Vertragspartner weitgehende Verhandlungsfreiräume, jedoch gibt es gesetzliche Vorgaben, die eingehalten werden müssen. Dabei geht vor allem um das „Kleingedruckte“, die AGB und Fragen der Gewährleistung.
Grundinformationen zum Vertragsrecht enthalten unsere Merkblätter:
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrages vorgibt. Gegenüber Endverbrauchern genügt die einmalige Verwendung, soweit diese auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen können. Wichtiges Wesensmerkmal der AGB ist, dass sie vom Verwender einseitig zum Vertragsinhalt gemacht werden. Daher liegen keine AGB vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragspartnern im Einzelnen ausgehandelt sind. Solche Individualabreden genießen Vorrang gegenüber AGB, auch wenn die AGB eine Schriftformklausel enthalten.
Allgemeine Geschäftsbedingungen erleichtern Abschluss und Abwicklung einer großen Zahl gleichartiger Verträge, weil die Vertragsbedingungen nicht zwischen den Vertragspartnern im Einzelnen ausgehandelt werden müssen. In ihnen können gesetzliche Vorschriften (zum Beispiel im Kauf-und Werkvertragsrecht), soweit sie nicht zwingendes Recht darstellen, den Bedürfnissen des heutigen Wirtschaftslebens angepasst werden. Auch kann dadurch neu entstandenen Vertragstypen (zum Beispiel Factoring- oder Leasingverträge), für die es keine gesetzlichen Regelungen gibt, eine einheitliche Vertragsordnung zugrunde gelegt werden.
Mit der einseitigen Vorgabe von Vertragsbedingungen geht typischerweise die Gefahr einer Benachteiligung des Kunden bzw. Verbrauchers einher, der sich auf die Vertragsbedingungen einlässt. Geschützt wird der Verbraucher daher durch die für besonderen AGB-Vorschriften in den §§ 305 ff. BGB. Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Geschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können (§ 13 BGB).
1. Einbeziehung von AGB in den Vertrag:
Wichtig ist, dass die AGB wirksam in den Vertrag mit dem Kunden einbezogen und damitzum Vertragsbestandteil werden.Die Einbeziehung erfolgt unter folgenden Voraussetzungen:
Werden dem Verwender durch andere Vorschriften, wie etwa bei Fernabsatzverträgen, über § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB hinausgehende Informationspflichten auferlegt, ist die Erfüllung dieser Pflichten nicht Voraussetzung für eine wirksame Einbeziehung der AGB.
Sogenannte überraschende Klauseln, also derart ungewöhnliche Bestimmungen, mit denen bei Abschluss des Vertrages unter keinen Umständen gerechnet werden muss, werden niemals Vertragsinhalt. Die Ungewöhnlichkeit kann sich beispielsweise aus der Unvereinbarkeit mit dem Leitbild des Vertrags, der Höhe des Entgelts einem Widerspruch zum Verlauf der Vertragsverhandlungen oder zur Werbung des Verwenders ergeben.
Der Kunde muss einerseits nicht mit der Klausel rechnen, wenn dieser ein Überrumpelungseffekt innewohnt, andererseits aber auch dann, wenn die Klausel im Vertragstext falsch eingeordnet und dadurch geradezu versteckt wird. In der Regel gilt die Klausel nicht als überraschend, wenn sie drucktechnisch so hervorgehoben ist, dass von einer Kenntnisnahme durch den Vertragspartner auszugehen ist.
2. Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit
Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam und der Inhalt des Vertrages richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften.
Unwirksam sind solche Klauseln, die den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, d.h. durch die grundlegende Rechte ausgeschlossen oder unzumutbar eingeschränkt werden.
Das BGB enthält in den §§ 308 f. BGB einen umfangreichen Katalog derartiger Klauseln, bei denen die Gefahr einer Übervorteilung des Verwenders besonders groß ist. Diese Klauseln sind auch dann unwirksam, wenn der Verbraucher sie - auch in Kenntnis der Unwirksamkeit - unterschrieben hat.
Hierzu einige Beispiele:
a) Unzulässig ist eine Klausel, die die Erhöhung eines Entgeltes für Waren oder Leistungen vorsieht, die innerhalb von 4 Monaten geliefert oder erbracht werden sollen, soweit es sich hierbei nicht um Waren oder Dienstleistungen handelt, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen erbracht werden sollen.
Beispiel: Der Kunde kauft ein Fahrrad für 400 €, das beim Händler nicht vorrätig ist und daher erst in 2 Monaten geliefert werden kann. Ist am Liefertag der Listenpreis um 50 € gestiegen, so kann dies auch nicht durch eine (insoweit unwirksame) AGB-Klausel auf den Kunden abgewälzt werden.
b) Eine Bestimmung in den AGB, nach der eine Haftung des Verwenders für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung beruhen oder für sonstige Schäden, die auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung beruhen, ausgeschlossen oder begrenzt wird, ist unwirksam. Insbesondere die pauschale Formulierung der AGB-Klausel wie z.B. „Jegliche Haftung wird ausgeschlossen“ ist insgesamt unwirksam. Es findet dann auch keine Auslegung der AGB-Klausel dahingehend statt, dass zumindest ein zulässiger Haftungsausschluss gelten würde. Es ist daher auch hier eine präzise, differenzierende Formulierung geboten.
3. Beiunklaren oder mehrdeutigen Klauseln geht dies zu Lasten des Verwenders. Denn wenn mehrere Auslegungsalternativen bestehen, ist von derjenigen Auslegung auszugehen, die gegen ein sog. Klauselverbot verstößt und zur Unwirksamkeit der Klausel führt. Die scheinbar kundenfeindlichste Auslegung führt in diesem Fall zum kundenfreundlichsten Ergebnis. Ihre AGB sollten daher in eigenem Interesse klar und eindeutig formuliert werden.
4. Nach § 309 Nr. 13 BGB sind in nicht notariell beurkundungspflichtigen Verträgen solche AGB-Bestimmungen unwirksam, die für gegenüber dem Verwender oder einem Dritten abzugebende Anzeigen oder Erklärungen eine strengere Form als die Textform vorsehen. Unter Anzeigen oder Erklärungen fallen einseitige Willensäußerungen rechtsgeschäftlicher, geschäftsähnlicher oder rein tatsächlicher Art. In den AGB darf für die Abgabe solcher Erklärungen als strengste Form nicht mehr die Schriftform (§ 126 BGB) oder die elektronische Form (§ 126a BGB) vorgesehen werden, sondern nur noch die Textform des § 126b BGB. Hierfür genügt etwa eine Erklärung per E-Mail, SMS, in welcher die erklärende Person genannt wird; einer eigenhändigen Unterschrift bedarf es nicht.
5. Bei Verbraucherverträgen sind die unabdingbaren Vorschriften der §§ 312 ff. BGB zu beachten. Beispielhaft zu nennen ist die Regelung über die Unwirksamkeit gewisser missbilligter Entgeltvereinbarungen in § 312a BGB. Vereinbarungen über - zusätzlich zu dem für die Hauptleistung vereinbarten Entgelt - zu zahlende Beträge für Nebenleistungen können nur „ausdrücklich“ getroffen werden. Ratsam ist daher eine ausdrückliche individuelle Vereinbarung einer solchen Klausel.
6. Beim Verbrauchsgüterkauf sind zudem die Bestimmungen der §§ 474 ff. BGB zu beachten. Zum Nachteil von Verbrauchern können die kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte durch vertragliche Vereinbarungen weitgehend nicht mehr abgedungen oder eingeschränkt werden. Insbesondere sind Haftungsausschlüsse und –beschränkungen, soweit sie nicht lediglich Schadensersatzansprüche betreffen, unzulässig. Die grundsätzlich nach Verbrauchsgüterkaufrecht (§ 476Abs. 3 BGB) mögliche Beschränkung bzw. der Ausschluss von Schadensersatzansprüchen durch AGB muss aber gleichwohl den o.g. Anforderungen an eine AGB-Kontrolle standhalten. Ferner kann die zweijährige Verjährungsfrist für Mängelansprüche bei neuen Sachen nicht verkürzt werden. Bei gebrauchten Sachen kann die Gewährleistung zwar grundsätzlich wie bisher auf ein Jahr verkürzt werden. Allerdings setzt dies seit dem 01.01.2022 voraus, dass der Verbraucher vor dem Vertragsschluss von der Verkürzung in Kenntnis gesetzt wurde und diese Verkürzung im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde (vgl. § 476 Abs. 2 Satz 2 BGB). Durch AGB kann daher eine Verkürzung der Gewährleistungspflichten gegenüber dem Verbraucher nicht mehr erfolgen.
7. Für Unternehmer bestehen nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) Informationspflichten. Der Unternehmer, der eine Webseite unterhält oder AGB verwendet, hat den Verbraucher darüber zu informieren, inwieweit er sich entweder freiwillig bereit erklärt oder durch bestimmte Regeln verpflichtet ist, an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen (§ 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG). Unternehmer, die AGB verwenden und eine Internetseite betreiben, müssen sowohl in den AGB als auch auf der Internetseite die Informationspflichten erfüllen. Diese Informationen müssen leicht zugänglich, klar und verständlich sein. Von der Informationspflicht sind Unternehmer ausgenommen, die am 31. Dezember des vorangegangenen Jahres zehn oder weniger Personen beschäftigt haben (§ 36 Abs. 3 VSBG).
Nimmt der Unternehmer an dem Schlichtungsverfahren teil, sei es freiwillig oder aufgrund gesetzlicher Verpflichtung, so hat er die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle mit Anschrift und Webseite zu benennen. Aber auch bei fehlender Bereitschaft an einer Verbraucherschlichtung teilzunehmen, hat der Unternehmer den Verbraucher hierüber auf seiner Webseite und/oder in den AGB zu informieren. Die nationale Allgemeine Schlichtungsstelle i. S. d. § 43 Abs. 1 VBSG ist das „Zentrum für Schlichtung e.V.“. Diese hat ihren Sitz in Kehl und ist erreichbar über www.verbraucher-schlichter.de
Weniger strengen Regelungen sind Sie unterworfen, wenn Sie Ihre AGB im Geschäftsverkehr mit Unternehmern zum Inhalt eines Vertrages machen wollen. Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (§ 14 BGB). Geschäftsverkehr mit Unternehmern bedeutet, dass beide Vertragsparteien Unternehmer sind und umfasst jede gewerbliche oder selbständige Tätigkeit.
In diesem Fall finden eine Reihe von Vorschriften der §§ 305 ff. BGB keine Anwendung.
1. So ist es nicht notwendig, dass Unternehmen ihren Vertragspartner ausdrücklich auf ihre AGB hinweisen, damit diese Inhalt des Vertrages werden. Allerdings gelten AGB auch zwischen Unternehmern nur, wenn die Parteien sich über die Einbeziehung der AGB geeinigt haben, so dass eine zumindest konkludente Einigung stets erforderlich ist.
Aus Gründen der Rechtsklarheit und um spätere Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, ist es jedoch ratsam, in jedem Vertragsangebot auf die AGB ausdrücklich hinzuweisen und somit dem Vertragspartner die Möglichkeit zu bieten, das Angebot zu Ihren Vertragsbedingungen anzunehmen oder in neue Verhandlungen einzutreten. Wenn sich nach Vertragsschluss herausstellt, dass beide Vertragsparteien ihre (einander widersprechenden) AGB zum Vertragsinhalt machen wollten, ist in der Regel anzunehmen, dass die AGB beider Teile nur insoweit Vertragsbestandteil werden, als sie übereinstimmen. Bezüglich der sich widersprechenden Klauseln gelten die entsprechenden gesetzlichen Regelungen.
2. Anders als im Verhältnis zum Endverbraucher unterliegen die AGB im Geschäftsverkehr mit Unternehmern nur einer beschränkten Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB. Es erfolgt lediglich eine an Treu und Glauben orientierte allgemeine Überprüfung unter angemessener Beachtung der im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche, durch die eine unangemessene Benachteiligung eines Vertragspartners ausgeschlossen werden soll. Lediglich bei Verträgen, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, findet eine solche Überprüfung auf unangemessene Benachteiligung seit dem 01.01.2009 nicht mehr statt. Für Verträge zwischen Unternehmern gelten die Klauselverbote der §§ 308 Nr. 1, 2 bis 9 und 309 BGB zwar nicht. Ein Verstoß gegen sie kann jedoch Indizwirkung für die Unwirksamkeit der Klausel auch bei der Verwendung gegenüber Unternehmern haben.
3. Besondere Anforderungen an die allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten seit dem 12. Juli 2020 für Betreiber von Online-Vermittlungsdiensten und Online-Suchmaschinen im Verhältnis zu ihren gewerblichen Nutzern.
Gemäß der Verordnung (EU) 2019/1150 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten müssen allgemeine Geschäftsbedingungen künftig nicht nur klar und verständlich formuliert und zu jedem Zeitpunkt - auch schon vor Vertragsschluss - für gewerbliche Nutzer verfügbar sein. Vielmehr müssen Sie auch bestimmte inhaltliche Anforderungen erfüllen und Informationspflichten enthalten. Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten müssen insbesondere sicherstellen, dass ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen
a) die Gründe benennen, bei deren Vorliegen entschieden werden kann, die Bereitstellung ihrer Online-Vermittlungsdienste für gewerbliche Nutzer vollständig oder teilweise auszusetzen oder zu beenden oder sie in irgendeiner anderen Art einzuschränken
b) Informationen über zusätzliche Vertriebskanäle oder etwaige Partnerprogramme enthalten, über die der Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten die vom gewerblichen Nutzer angebotenen Waren und Dienstleistungen vermarkten könnte;
c) allgemeine Informationen zu den Auswirkungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen auf die Inhaberschaft und die Kontrolle von Rechten des geistigen Eigentums gewerblicher Nutzer enthalten.
Wenn Sie über die Zulässigkeit einer bestimmten Vertragsklausel im Zweifel sind, sollten Sie hierzu rechtlichen Rat einholen.
Bei der "normalen" Abwicklung eines Kaufvertrages ist der Verkäufer auf Grund des Vertrages verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an ihr zu verschaffen. Er kann seine Leistung jedoch nach § 320 BGB bis zur Kaufpreiszahlung verweigern und braucht erst zu liefern, wenn der Käufer den Kaufpreis zahlt.
Der Käufer hat allerdings oftmals ein hohes Interesse daran, die Sache sofort zu besitzen, ohne sie gleich bezahlen zu müssen. Der Verkäufer ist häufig einem solchem Geschäft nicht abgeneigt, da er seine Ware absetzen will. In diesen Fällen können die Vertragsparteien einen so genannten Eigentumsvorbehalt vereinbaren. Inhalt dessen ist es, dass der Verkäufer dem Käufer die gekaufte Sache sofort übergibt und beide sich darüber einig sind, dass das Eigentum auf den Käufer erst dann übergeht, wenn der gesamte Kaufpreis gezahlt ist. Die Übereignung steht also unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung.
Dem Verkäufer steht zudem auch ein Rücktrittsrecht zu, wenn der Käufer nicht vereinbarungsgemäß zahlt. Er kann seinen Rücktritt jedoch nur erklären, wenn er dem Käufer zuvor eine angemessene Frist zur Zahlung gesetzt hat. Gesetzlich normiert ist der Eigentumsvorbehalt in § 449 BGB.
Ein Eigentumsvorbehalt kann nur an beweglichen Sachen vereinbart werden. Er ist nicht zulässig bei der Veräußerung von Grundstücken, Gebäuden, Forderungen sowie bei sonstigen Rechten (Patente, Lizenzen). Der einfache Eigentumsvorbehalt wird in vielen Fällen den Erfordernissen des heutigen Wirtschaftslebens nicht mehr gerecht, da er im Falle einer Weiterveräußerung oder einer Weiterverarbeitung durch den Käufer erlischt. Deshalb haben sich etliche Modifikationen des gesetzlichen Grundfalles herausgebildet.
Im Rahmen der Vertragsfreiheit können genauere Absprachen für die Voraussetzungen des Rücktritts durch den Verkäufer und eventuell weitere Pflichten des Käufers vereinbart werden. Solche Vereinbarungen können dazu genutzt werden, Gefahren, die zu einem Erlöschen des Eigentumsvorbehalts führen können, vorzubeugen. Erlöschen kann der Eigentumsvorbehalt außer bei Weiterverarbeitung insbesondere dadurch, dass ein Dritter die Ware gutgläubig erwirbt.
Im Streitfall ist derjenige beweispflichtig, der das Eigentum für sich beansprucht. Dem Käufer kommt dabei die Vermutung zugute, dass der Besitzer einer Sache in der Regel auch Eigentümer ist (§ 1006 Abs. 1 BGB). Der Verkäufer muss daher beweisen, dass er aufgrund der Vereinbarung des Eigentumsvorbehaltes Eigentümer geblieben ist. Demgegenüber müsste der Käufer den Eintritt der aufschiebenden Bedingung (Kaufpreiszahlung) im Streitfall beweisen.
Der Eigentumsvorbehalt kann entweder einvernehmlich im Rahmen des Vertrages oder aber durch Verwendung der allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden. Da es sich bei dem Eigentumsvorbehalt um eine der häufigsten Kreditsicherungsformen handelt, wird seitens der potentiellen Kunden mit einem solchen oft gerechnet. Deshalb ist in der Regel ein Hinweis auf den Eigentumsvorbehalt z.B. durch Aufdruck auf den Geschäftsbriefen und Lieferscheinen oder durch Aushang in den Verkaufsräumen ausreichend.
Zu beachten:
Trotz umsichtiger Vertragsgestaltung und ordnungsgemäßer Leistungserbringung sehen sich immer mehr deutsche Unternehmen mit der unangenehmen Tatsache konfrontiert, dass ihr ausländischer Vertragspartner die Rechnung nicht bezahlt. Wenn außergerichtliche Einigungsversuche und Mahnschreiben, gegebenenfalls auch unter Beteiligung einer deutschen Auslandshandelskammer, erfolglos geblieben sind, liegt der Gedanke an eine gerichtliche Beitreibung der Schulden nahe. Bevor man sich allerdings für eine gerichtliche Lösung entscheidet, sollten die Vor- und Nachteile eines solchen Vorgehens sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Hierzu empfiehlt es sich vorab einen Blick in die Vertragsunterlagen zu werfen. Insbesondere bei Verträgen mit ausländischen Partnern sind hier die Bereiche "Rechtswahl/Anwendbares Recht" und "Gerichtsstand" von großer Bedeutung. Beide Punkte können zwischen Kaufleuten regelmäßig frei vereinbart werden und wirken sich unmittelbar auf den Aufwand und die Kosten für eine gerichtliche Geltendmachung der Forderung aus. Das nachstehende Merkblatt soll deutschen Unternehmen, welche Geldforderungen gegenüber Geschäftspartnern im EU-Ausland haben, einen komprimierten Überblick über die vier wesentlichen EU-Instrumente zur gerichtlichen Beitreibung von Außenständen verschaffen und ihnen eine Entscheidungshilfe zur Wahl des geeigneten Verfahrens an die Hand geben.
Zuerst soll der klassische Fall, die reguläre Klage auf Leistung der fälligen Zahlung vor Gericht kurz erläutert werden.
1.1 Rechtsgrundlagen für auf Geldforderungen gerichtete Klagen in der EU
Soll eine derartige Klage erhoben werden, muss zunächst festgestellt werden, welches Gericht örtlich hierfür zuständig ist. Innerhalb der EU gelten hierfür die Art. 4 ff. der Verordnung (EU) 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (abgekürzt: „EuGVVO“ oder „Brüssel Ia-VO").
Nach der Feststellung der örtlichen Zuständigkeit richtet sich der Prozessablauf nach den jeweiligen nationalen Vorschriften des Landes des angerufenen Gerichts, über welche das Europäische Justizportal einen guten Überblick bietet.
1.2 Anwendbarkeit von auf Geldforderungen gerichteten Klagen in der EU
Grundsätzlich können im Rahmen regulärer Gerichtsverfahren Geldforderungen in der gesamten EU in unbegrenzter Höhe von gewerblichen und - mit Sonderregelungen - von privaten Schuldnern eingeklagt werden.
1.3 Verfahrensablauf von auf Geldforderungen gerichteten Klagen in der EU
Vereinfacht dargestellt, werden von dem angerufenen Gericht zunächst das Vorhandensein und die Wirksamkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen geprüft. Sind diese wirksam, so ist das Gericht an dem von den Parteien vereinbarten Ort ausschließlich zuständig. Ist keine - auch keine konkludente - Gerichtsstandsvereinbarung getroffen bzw. diese nicht wirksam, so ist im Regelfall das Gericht am Wohn- bzw. Geschäftssitz im Mitgliedstaat des Beklagten,hier also des Schuldners, zuständig.
Für einen deutschen Gläubiger kommen also grundsätzlich zwei Szenarien in Frage: einerseits die Klage vor einem deutschen Gericht, wenn eine entsprechende Gerichtsstandsvereinbarung existiert und andererseits die Klage vor einem Gericht in einem anderen Mitgliedstaat wenn dies nicht der Fall ist. Durch die VO (EU) 1215/2012 wird gewährleistet, dass deutsche Urteile im EU-Ausland anerkannt werden und auf Antrag durch die dort zuständige Stelle für vollstreckbar erklärt werden können. Bei in Deutschland erlangten Vollstreckungstiteln, die im EU-Ausland vollstreckt werden sollen, empfiehlt sich die unter Punkt 2. beschriebene zusätzliche Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel.
1.4 Kosten von auf Geldforderungen gerichteten Klagen in der EU
Die bei Klageverfahren in Deutschland und im EU-Ausland zu entrichtenden Gerichtsgebühren sowie eventuelle Anwaltshonorare unterliegen den jeweils national einschlägigen Regelungen. Auch hierfür bietet das Europäische Justizportal eine erste Orientierungshilfe.
1.5 Vorteile von auf Geldforderungen gerichteten Klagen in der EU
Vorteilhaft in diesem Beitreibungsverfahren ist, dass auf Geldforderungen gerichtete Klagen grundsätzlich in allen EU-Staaten möglich sind, keine Obergrenze hierfür existiert und die Anerkennung der Urteile (nicht deren Vollstreckung) innerhalb der EU gewährleistet ist.
1.6 Nachteile von auf Geldforderungen gerichteten Klagen in der EU
Von großem Nachteil ist, dass dem deutschen Gläubiger die nationalen Vorschriften über die gerichtlichen Prozesse (Ablauf, Kosten, Dauer, Vollstreckung, etc.) im EU-Ausland in der Regel nicht bekannt sind und er der Sprache häufig nicht hinreichend mächtig ist. Deshalb wird in den meisten Fällen, auch wenn dies nicht explizit vorgeschrieben ist, ein Rechtsanwalt vor Ort eingeschaltet werden müssen, was weiteren finanziellen Aufwand nach sich zieht. Zudem enthält die VO (EU) 1215/2012 keine Vereinheitlichungen hinsichtlich der Kostentragungspflicht und der prozessualen Fristen. Bei in Deutschland erlangten Titeln ist zusätzlich ein Zwischenverfahren im Vollstreckungsmitgliedstaat erforderlich, sofern kein Europäischer Vollstreckungstitel (s.u.) vorliegt.
Beim Europäischen Vollstreckungstitel handelt es sich nicht um einen Titel aus einem eigenständigen Gerichtsverfahren, sondern vielmehr um einen Zusatz für in einem EU-Mitgliedstaat erlangte Titel. Dadurch sollen die Urteilsfreizügigkeit und die grenzüberschreitende Vollstreckung im EU-Gebiet vereinfacht und beschleunigt werden. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass die Zwangsvollstreckung aus Titeln, die in anderen Mitgliedstaaten als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden sind, innerhalb Deutschlands möglich ist.
Wie bereits unter Punkt 1.3 beschrieben, werden gerichtliche Urteile innerhalb der EU zwar regelmäßig anerkannt, zur Vollstreckung muss allerdings ein Zwischenverfahren ("Exequaturverfahren") im Vollstreckungsmitgliedstaat durchgeführt werden, welches bei einem Europäischen Vollstreckungstitel entfällt.
2.1 Rechtsgrundlagen des Europäischen Vollstreckungstitels
Die VO (EG) Nr. 805/2004 über den Europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen („EuVTVO“) ist seit Oktober 2005 gültig. Mit dieser Verordnung wurden für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union einheitliche Mindestvorschriften geschaffen, die die Vollstreckung von Entscheidungen, gerichtlichen Vergleichen und öffentlichen Urkunden über unbestrittene Forderungen in der EU gewährleisten soll.
2.2 Anwendbarkeit des Europäischen Vollstreckungstitels
Der Europäische Vollstreckungstitel ist innerhalb aller EU-Mitgliedstaaten - mit Ausnahme Dänemarks - in allen Zivil- und Handelssachen gegenüber Unternehmern und mit Besonderheiten gegenüber Verbrauchern anzuwenden. Ausdrücklich nicht erfasst sind Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten sowie die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte. Die Verordnung ist zudem nicht anzuwenden auf den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung von natürlichen Personen, die ehelichen Güterstände, das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts, Insolvenzen, Vergleiche und ähnliche Verfahren, die soziale Sicherheit und die Schiedsgerichtsbarkeit (vgl. Art. 2 EuVTVO).
Wichtigste Voraussetzung für die Anwendbarkeit ist die Unbestrittenheit der Forderung. Eine Forderung gilt im Sinne der Verordnung als unbestritten, wenn der Schuldner
2.3 Verfahrensablauf des Europäischen Vollstreckungstitels
Nachdem ein nationaler Vollstreckungstitel in einem Mitgliedstaat erlassen wurde und die unter 2.2 beschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind, kann sich der Gläubiger diesen anhand eines Formulars von der jeweils zur Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung zuständigen Stelle als Europäischen Vollstreckungstitel bestätigen lassen. Daraus kann dann unmittelbar im Mitgliedstaat des Schuldners vollstreckt werden, der Europäische Vollstreckungstitel wird dabei behandelt wie ein Vollstreckungstitel des jeweiligen Mitgliedstaates. Es wird keine förmliche Vollstreckbarkeitserklärung mehr benötigt und der Schuldner kann sich nicht mehr auf Gründe zur Versagung der Anerkennung des Urteils in seinem Mitgliedstaat berufen. Für das Vollstreckungsverfahren selbst gilt das Recht des Mitgliedstaats, in dem vollstreckt werden soll. Den zuständigen Vollstreckungsbehörden im EU-Ausland muss der Gläubiger, bzw. dessen Anwalt, Folgendes vorlegen:
2.4 Kosten des Europäischen Vollstreckungstitels
Die Kosten für die Bestätigung eines deutschen Urteils als Europäischer Vollstreckungstitel durch ein deutsches Gericht betragen im Zivilprozess derzeit 20 Euro. Für Hinweise zu den zu erwartenden Kosten der Vollstreckung im jeweiligen EU-Ausland finden Sie Übersichten über jeden Mitgliedstaat im Europäischen Justizportal.
2.5 Vorteile des Europäischen Vollstreckungstitels
Diese Vorgehensweise bringt Gläubigern insofern einen spürbaren Vorteil, als dass sie im Ausland eine Vollstreckung betreiben können, ohne die Gerichtsbarkeit des Vollstreckungsmitgliedstaates mit den daraus entstehenden Verzögerungen und Kosten in Anspruch nehmen zu müssen. Gleichzeitig sind die Kosten und der Aufwand zur Erlangung des zusätzlichen Titels in Deutschland überschaubar.
2.6 Nachteile des Europäischen Vollstreckungstitels
Um aus einem Europäischen Vollstreckungstitel im EU-Ausland vollstrecken zu können, sind die verfahrensrechtlichen Vorschriften - insbesondere im Bereich der Zustellung - genau zu beachten, was im Ausland gegebenenfalls zu Verzögerungen führt. Des Weiteren ist der Europäische Vollstreckungstitel nur auf einen sehr eingeschränkten Bereich anwendbar und enthält weder einheitliche Fristen noch Kosten oder Verfahrensabläufe für die Vollstreckung.
Da die Nachteile einer regulären Klage vor Gericht, selbst unter Berücksichtigung des Europäischen Vollstreckungstitels, Geschäfte innerhalb der EU erschweren, hat sich der europäische Gesetzgeber an den deutschen Regelungen zum gerichtlichen Mahnverfahren orientiert und das Europäische Mahnverfahren („Europäischer Zahlungsbefehl“) ins Leben gerufen.
3.1 Rechtsgrundlagen des Europäischen Mahnverfahrens
Das mittels der VO (EG) Nr. 1896/2006 geschaffene Verfahren ermöglicht es dem Gläubiger auf vereinfachtem und beschleunigtem Wege durch ein EU-weit größtenteils harmonisiertes Verfahren mit einheitlichen Formularen eine grenzüberschreitende Forderungstitulierung zu erreichen. Die im Anhang der Verordnung aufgeführten Formulare sind in ihrer jeweils gültigen Fassung über das Europäische Justizportal abrufbar.
3.2 Anwendbarkeit des Europäischen Mahnverfahrens
Das Europäische Mahnverfahren kann für alle fälligen und bezifferten Geldforderungen in unbegrenzter Höhe angestrengt werden, bei denen mindestens eine Partei ihren Wohn- bzw. Geschäftssitz im EU-Ausland - mit Ausnahme Dänemarks - hat. Dabei dürfen die Außenstände ausschließlich aus Zivil- und Handelssachen herrühren. Zahlungsansprüche aus familien-, erb-, insolvenz-, verwaltungs-, steuer-, zoll- und sozialversicherungsrechtlicher Basis sowie außervertragliche Ansprüche können mit diesem Verfahren nicht beigetrieben werden. Gegenüber Verbrauchern ist das Europäische Mahnverfahren mit Sonderbestimmungen im Hinblick auf das zuständige Gericht ebenfalls anwendbar. Der Gläubiger wird sich im Allgemeinen nur dann für das Europäische Mahnverfahren entscheiden, wenn er Grund zu der Annahme hat, dass die Rechtmäßigkeit seines Zahlungsanspruchs nicht bestritten wird. Anderenfalls sollte eine direkte Klageerhebung gem. Punkt 1. erwogen werden.
3.3 Verfahrensablauf des Europäischen Mahnverfahrens
Um das Europäische Mahnverfahren einzuleiten, füllt der Gläubiger zunächst das Antragsformular ("Formblatt A") aus. Die notwendigen Antragsformulare können auf der Webseite des Europäischen Justizportales kostenlos herunter geladen werden und sind in der Sprache oder in einer der Sprachen auszufüllen, die das zuständige Gericht anerkennt. Immerhin erfolgen viele Angaben an Hand von Codierungen, wodurch sprachliche Schwierigkeiten beim Ausfüllen weitgehend vermieden werden. Der Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls ist, nebst Beweismitteln, bei dem Gericht in dem Mitgliedstaat einzureichen, in dem der Antragsgegner seinen Geschäftssitz/Wohnsitz hat (vgl. Punkt 1.3). Gegenüber Verbrauchern muss der Zahlungsbefehl immer in dem Mitgliedstaat beantragt werden, in welchem sie ihren Wohnsitz haben. Das jeweils national für das Europäische Mahnverfahren sachlich zuständige Gericht lässt sich über den Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen feststellen. (Ausnahme Ungarn: Hier fällt das Mahnverfahren in den Zuständigkeitsbereich der Notare (Zivilrecht). Ist der Antrag nicht offensichtlich unbegründet, erlässt das Gericht so bald wie möglich und in der Regel binnen 30 Tagen nach Einreichung eines entsprechenden Antrags einen Europäischen Zahlungsbefehl ("Formblatt E") und stellt diesen dem Schuldner zu. Nach Ablauf einer 30-tägigen Einspruchsfrist (beginnend ab Zustellung) ohne Eingang eines solchen, erklärt das Gericht den Zahlungsbefehl für vollstreckbar. Dieser wird in allen anderen Mitgliedstaaten anerkannt und vollstreckt, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf und ohne dass seine Anerkennung angefochten werden kann. Im Fall eines Einspruchs beginnt - sofern dies vom Gläubiger im Antragsformular nicht ausgeschlossen wurde - ein ordentlicher Zivilprozess.
3.4 Kosten des Europäischen Mahnverfahrens
Die Kosten eines Europäischen Mahnverfahrens und eines ordentlichen Zivilprozesses, der sich an die Einlegung eines Einspruchs gegen den Europäischen Zahlungsbefehl in einem Mitgliedstaat anschließt, dürfen insgesamt nicht höher sein als die Gerichtsgebühren eines ordentlichen Zivilprozesses ohne vorausgehendes Europäisches Mahnverfahren in diesem Mitgliedstaat. Die Höhe der Verfahrenskosten an sich ist nicht einheitlich festgelegt und richtet sich folglich nach den nationalen Vorschriften des örtlich zuständigen Gerichts.
3.5 Vorteile des Europäischen Mahnverfahrens
Die wichtigsten Vorteile des Europäischen Mahnverfahrens liegen in seiner standardisierten Form, in der Einstufigkeit des Verfahrens (der Schuldner hat grundsätzlich nur eine Chance, Einwendungen gegen den Zahlungsbefehl zu erheben) sowie der unmittelbaren Vollstreckbarkeit im Falle des Erlasses eines Europäischen Zahlungsbefehls in jedem EU-Mitgliedstaat. Die Kosten für das Mahnverfahren an sich halten sich regelmäßig im überschaubaren Rahmen und erhöhen im Falle eines streitigen Verfahrens die Gesamtsumme der Verfahrenskosten nicht.
3.6 Nachteile des Europäischen Mahnverfahrens
Nachteilig gestaltet sich in der praktischen Handhabung die Tatsache, dass die national unterschiedlichen Gerichtsgebühren nicht einheitlich festgelegt wurden und vom Gläubiger oft mühsam herausgefunden werden müssen. Zudem wurde der Zeitraum innerhalb dessen das national zuständige Gericht den Europäischen Zahlungsbefehl erlassen und in dem die national zuständige Vollstreckungsbehörde tätig werden muss, nicht verbindlich festgelegt, so dass es hier zu Verzögerungen kommen kann.
Durch das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen soll die Geltendmachung grenzüberschreitender Forderungen unter 5.000 Euro vereinfacht, verbilligt und beschleunigt werden.
4.1 Rechtsgrundlagen des Europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen
Die Verordnung (EG) Nr. 861/2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen („Small-Claims-Verordnung“) gilt für alle Forderungen, die ab dem 1. Januar 2009 entstanden sind.
4.2 Anwendbarkeit des Europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen
Diese Verordnung gilt innerhalb der EU (mit Ausnahme Dänemarks) für alle Zivil- und Handelssachen gegenüber Unternehmern und Verbrauchern, wenn der Streitwert der Klage ohne Zinsen, Kosten und Auslagen zum Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht 5.000 Euro nicht überschreitet. Das Verfahren umfasst insbesondere nicht Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten sowie die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte. Ebenfalls ausgenommen sind arbeitsrechtliche Forderungen.
4.3 Verfahrensablauf des Europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen
Auch das Verfahren für geringfügige Forderungen wird grundsätzlich schriftlich durchgeführt und basiert weitgehend auf standardisierten Formblättern. Zur Verfahrenseinleitung muss das Formblatt A ausgefüllt werden. Diesem Antrag sind alle Beweisunterlagen wie z.B. Quittungen, Rechnungen usw. beizufügen. Die gesamten Antragsunterlagen sind in einer der jeweiligen Amtssprachen bei dem Gericht einzureichen, das für seine Bearbeitung sachlich zuständig ist. Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts ergibt sich aus der - bereits unter Punkt 1.3 kurz erläuterten - Regelungen der VO (EU) Nr. 1215/2012, welche Sonderregelungen für Verbrauchersachen enthält.
Nach Eingang des Klageformblatts A füllt das Gericht seinen Teil des "Antwortformblatts" aus und stellt dem Schuldner innerhalb von 14 Tagen nach Eingang des Klageformblatts eine Kopie desselben zusammen mit einem Antwortformblatt zu. Der Schuldner hat nun 30 Tage Zeit zu antworten, indem er seinen Teil des Antwortformblatts ausfüllt. Das Gericht ist verpflichtet, innerhalb von weiteren 14 Tagen eine Kopie der Antwort an den Gläubiger abzusenden. Innerhalb von 30 Tagen nach Eingang der Antwort des Schuldners bei Gericht erlässt dieses ein Urteil zu der Forderung, fordert die Parteien zu weiteren Angaben auf oder lädt die Parteien zu einer mündlichen Verhandlung vor. Sobald ein Urteil zu der geringfügigen Forderung ergangen ist, füllt das Gericht Formblatt D aus. Mit dem Formblatt D (welches ggfs. in die Amtssprache des Mitgliedstaats zu übersetzen ist, in dem vollstreckt werden soll) und einer Kopie des Urteils ist das Urteil ohne weitere Formalitäten in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (mit Ausnahme Dänemarks) nach den dortigen Verfahrensvorschriften vollstreckbar.
4.4 Kosten des Europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen
Das für das Verfahren zuständige Gericht hat in diesem speziellen Verfahren grundsätzlich immer den Kosten Rechnung zu tragen. Hierzu hat es die einfachsten und am wenigsten aufwändigen Beweismittel zu wählen. Sachverständigenbeweise oder mündliche Aussagen werden nur dann zugelassen, wenn diese für das Urteil unbedingt erforderlich sind. Zudem ist verbindlich festgeschrieben, dass die unterlegene Partei alle Kosten des Verfahrens trägt, sofern die von der obsiegenden Partei geltend gemachten Kosten notwendig waren und in einem angemessenen Verhältnis zu der Klage stehen. Die Gerichtskosten für das Verfahren sind nicht EU-weit einheitlich festgelegt und müssen daher bei den jeweils zuständigen Gerichten ausfindig gemacht werden.
4.5 Vorteile des Europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen
Ein wesentlicher Vorteil des Europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen liegt in den verbindlich vorgegebenen Bearbeitungsfristen für die Gerichte des jeweiligen Mitgliedstaates, was auf eine zügige Verfahrensabwicklung hoffen lässt. Des Weiteren stellt die Standardisierung des Verfahrens mittels EU-weit einheitlicher Formblätter eine spürbare Verfahrensvereinfachung dar.
4.6 Nachteile des Europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen
Größter Nachteil des vorbeschriebenen Verfahrens ist die 5.000 Euro-Grenze, welche im kaufmännischen Geschäftsverkehr rasch überschritten sein dürfte.
EU-Instrument
Kriterium | Klage auf Geldleistung innerhalb der EU | EU-Vollstreckungstitel | EU-Mahnverfahren | EU-Verfahren f. geringfügige Forderungen |
Geeignet für strittige Geldforderungen | Ja
| Nein | Nein[1] | Ja |
Obergrenze für Höhe der Geldforderung | Nein | Nein | Nein | Ja |
Verfahrensablauf EU-weit standardisiert | Nein
| Ja | Ja | Ja |
Rechtsanwaltspflicht | Ja[2]
| Nein | Nein | Nein |
EU-weit einheitliche Fristenregelung | Nein
| Nein | Ja | Ja |
EU-weit einheitliche Grundsätze für Verfahrenskosten | Nein
| Nein | Ja | Ja |
EU-weit einheitliche Kostentragungspflicht d. unterlegenen Partei | Nein | Nein | Nein | Ja |
Vorteile | - Universelle Einsetzbarkeit
| - EU-weite Voll- streckbarkeit - in Deutschland überschaubare Zusatzkosten | - Hoher Standardi-sierungsgrad - Einstufigkeit - EU-weite Vollstreck- barkeit | - Hoher Stan dardi-sierungsgrad - Klare Fristenregelung - EU-weite Vollstreck- barkeit |
Nachteile | - Nationale Vor- schriften dominieren - relativ zeit- & kostenintensiv - eventuell Zwi- Schenverfahren erforderlich | - Nationale Vorschriften für die Voll- streckung - Stark einge- schränkter Anwendungs- bereich | - Keine einheit- lichen Ge- bühren und Fristen - Nationale Vorschriften für die Voll- streckung | - Stark einge- schränkter Anwendungs- bereich - Nationale Vorschriften für die Voll- streckung |
[1] Grds. auch bei strittigen Forderungen möglich, auf Grund des nachfolgenden streitigen Verfahrens i.d.R. nicht zu empfehlen.
[2] Dies ist von den jeweiligen nationalen Vorschriften abhängig, die Angabe stellt insoweit lediglich eine Empfehlung dar.
Hat jemand einen Anspruch auf Zahlung aus einem Kauf-, Dienst-, Werkvertrag oder einer anderen Verbindlichkeit und bleibt die Zahlung des Schuldners aus, so stellt sich für den Gläubiger die Frage, wie er diesen Anspruch dennoch durchsetzen kann, um an sein Geld zu kommen.
Das Gesetz sieht zwei Möglichkeiten vor, diesen Zahlungsanspruch geltend zu machen:
1. durch Klageerhebung und streitiges Verfahren vor dem Richter oder
2. durch Mahnverfahren, welches der Rechtspfleger durchführt.
Das Mahnverfahren, geregelt in den §§ 688 ff. ZPO, ist - im Gegensatz zur Klage - eine einfache, schnelle und kostengünstige Möglichkeit zur Durchsetzung des Zahlungsanspruchs. Ziel ist dabei die Erlangung eines sog. Mahnbescheids und – diesem nachfolgend eines Vollstreckungsbescheids, mit dessen Hilfe der Gläubiger seinen Anspruch gegen den nicht freiwillig zahlenden Schuldner zwangsweise durchsetzen kann.
Eine schnelle Durchsetzung des Anspruchs im Wege des Mahnverfahrens ist indes nur dann gewährleistet, wenn der Zahlungsanspruch unstreitig ist, d.h. der Schuldner gegen den Anspruch nichts einzuwenden hat oder damit zumindest nicht zu rechnen ist. Sind jedoch Einwände des Schuldners gegen den Anspruch zu erwarten, so bietet sich ein Mahnverfahren nicht an. In einem solchen Fall kommt es aufgrund eines entsprechenden Widerspruchs des Schuldners gegen den Mahnbescheid doch noch zum Verfahren vor dem Gericht und ein vorher eingeleitetes Mahnverfahren würde dann nur eine un-nötige Verzögerung des Klageverfahrens bedeuten.
Für das Mahnverfahren sind unabhängig vom Streitwert ausschließlich die Amtsgerichte zuständig. Der Gläubiger muss sich dabei an das Amtsgericht wenden, an dessen Ort er seinen sog. allgemeinen Gerichtsstand hat. Im Regelfall ist dies der Wohnsitz einer Person. Einzelheiten regeln die §§ 12 ff. ZPO.
In Nordrhein-Westfalen werden die Mahnverfahren zentral bearbeitet. Für Gläubiger, die ihren allgemeinen Gerichtsstand in den Bezirken der Oberlandesgerichte Hamm oder Düsseldorf haben, ist ausschließlich das Amtsgericht Hagen, Mahnabteilung, 58081 Hagen (Tel.: 02331/967-5), zuständig. Personen mit Gerichtsstand im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln müssen sich an das Amtsgericht Euskirchen, Mahnabteilung, 53878 Euskirchen (Tel.: 02251/951-0), wenden.
1. Geltendmachung nur von Zahlungsansprüchen auf eine bestimmte Geldsumme
Im Mahnverfahren kann nur ein Anspruch geltend gemacht werden, der auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme in Euro gerichtet ist, § 688 Abs. 1 ZPO. Ansprüche wegen Geldforderungen in ausländischer Währung oder Ansprüche, die eine andere als eine Geldleistung zum Gegenstand haben, müssen daher im Wege der Klageerhebung geltend gemacht werden.
Hinweis: Ein Mahnverfahren findet nicht statt bei Ansprüchen eines Unternehmers aus einem Verbraucherdarlehensvertrag (§ 491 ff BGB) oder bei Finanzierungshilfen gem. §§ 506 - 508 BGB oder wenn die Zustellung des Mahnbescheids durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen müsste (§ 688 Abs. 2 Nr. 1 und 3 ZPO).
2. Fälliger Anspruch/vorherige Mahnung
Das Mahnverfahren setzt voraus, dass der Anspruch gegen den Schuldner fällig ist (vgl. § 271 BGB). Damit nicht der Gläubiger die Kosten des Mahnverfahrens zu tragen hat, sollte er die Zahlung vorher anmahnen, d.h. den Gläubiger zur Leistung auffordern, weil sodann die Kosten des Mahnverfahrens als sog. Verzugsschaden durch den Gläubiger zu ersetzen sind.
3. Keine Abhängigkeit von nicht erbrachter Gegenleistung
Ein Mahnverfahren ist nicht zulässig, wenn die Geltendmachung des Anspruchs von einer noch nicht erbrachten Gegenleistung abhängig ist. Da nach den üblichen Vertragsvereinbarungen der Schuldner erst dann zu zahlen hat, wenn die vereinbarte Gegenleistung (Lieferung von Waren, Leistung von Diensten usw.) erbracht worden ist, muss der Gläubiger des Zahlungsanspruchs diese Gegenleistung vor Einleitung des Mahnverfahrens erbracht haben, es sei denn die Vertragsparteien haben ausnahmsweise die Vorauszahlung des Schuldners vereinbart.
1. Einleitung des Mahnverfahrens durch Antrag
Das Mahnverfahren wird nur durch Stellung eines Antrags auf Erlass eines Mahnbescheids eingeleitet. Antragsberechtigt ist dabei der Gläubiger einer Forderung. Er wird als Antragsteller bezeichnet.
Für den Antrag gibt es einheitliche, mit ausführlichen Ausfüllhinweisen versehene Vordrucke, die zwingend vom Antragsteller zu verwenden sind. Verwendet der Antragsteller den vorgesehenen Vordruck nicht, so ist der Antrag unzulässig und wird zurückgewiesen. Die Vordrucke sind im Schreibwarenhandel oder bei Fachverlagen erhältlich. Sie können handschriftlich ausgefüllt werden.
Die einfachste Möglichkeit ist, das interaktive Antragsformular über das Portal www.online-mahnantrag.de von Justiz NRW auszufüllen. Die Daten werden online eingegeben und direkt auf Plausibilität geprüft. Der Ausdruck erfolgt anschließend auf weißem Standardpapier. Bei dieser Möglichkeit ist die Verwendung des amtlichen Vordrucks nicht mehr erforderlich. Die Daten werden gleichzeitig in Klarschrift und als Barcode ausgedruckt. Der vollständig ausgedruckte Antrag muss dann nur noch vom Antragsteller unterschrieben und anschließend an das zuständige Mahngericht übersandt werden.
Über www.online-mahnantrag.de ist darüber hinaus auch eine elektronische Antragstellung möglich. Dafür sind aber besondere technische Voraussetzungen nötig. Nähere Informationen finden Sie unter www.mahnverfahren.nrw.de
2. Notwendiger Inhalt des Antrags
Der Antrag muss auf den Erlass eines Mahnbescheids gerichtet sein und folgendes enthalten:
3. Entscheidung über den Antrag
Wenn sämtliche förmliche Voraussetzungen zum Erlass des Mahnbescheides vorliegen, wird dieser erlassen. Dabei enthält der Mahnbescheid den ausdrücklichen Hinweis, dass das Gericht nicht geprüft hat, ob dem Antragsteller der geltend gemachte Anspruch auch wirklich zusteht. Eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift wird dann dem Schuldner, dem sog. Antragsgegner, vom Gericht förmlich durch die Post zugestellt.
Erfüllt der Antrag die erforderlichen förmlichen Voraussetzungen nicht, wird der Antragsteller zunächst durch eine sog. Zwischenverfügung auf den Mangel hingewiesen, damit er die Möglichkeit hat, diesen zu beheben. Geschieht dies nicht, so wird der Antrag zurückgewiesen.
4. Ausbleiben einer Reaktion des Antragsgegners/Vollstreckungsbescheid
Reagiert der Antragsgegner auf den Mahnbescheid nicht, d.h. legt er nicht rechtzeitig Widerspruch ein und zahlt er auch nicht, dann kann der Antragsteller nach Ablauf der zweiwöchigen Widerspruchsfrist einen sogenannten Vollstreckungsbescheid beantragen. Der Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids muss innerhalb von sechs Monaten gestellt werden, da ansonsten die Wirkung des Mahnbescheids entfällt, d.h. er gilt als nicht erlassen. Die sechsmonatige Frist beginnt dabei mit der Zustellung des Mahnbescheids zu laufen. Der Vollstreckungsbescheid wird dem Antragsgegner von Amts wegen, d.h. von Seiten des Gerichts, zugestellt.
Gegen den Vollstreckungsbescheid kann der Antragsgegner innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch einlegen. Geschieht dies, dann gibt das Gericht, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid bezeichnet ist. Mit Eingang der Akten bei dem benannten Gericht ist die Sache dann dort anhängig, d.h. das normale streitige Verfahren beginnt. Von der Abgabe wird der Antragsteller benachrichtigt.
Legt der Antragsgegner keinen Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid ein, wird dieser mit Ablauf der für den Einspruch bestimmten Frist rechtskräftig. Mit diesem Titel kann der Gläubiger dann versuchen, seine Forderung mit Hilfe des Gerichtsvollziehers durchzusetzen.
5. Widerspruch des Antragsgegners
Der Antragsgegner kann aber auch gegen den Anspruch oder einen Teil des Anspruchs schriftlich Widerspruch erheben. Ein Vordruck für den Widerspruch ist dem Mahnbescheid immer beigefügt. Die Widerspruchsfrist beträgt grundsätzlich zwei Wochen. Es kann jedoch auch nach diesen zwei Wochen Widerspruch eingelegt werden, wenn der Vollstreckungsbescheid zu diesem Zeitpunkt noch nicht erlassen ist.
Der Widerspruch muss nicht begründet werden. Es muss lediglich ersichtlich sein, dass es sich um einen Widerspruch handelt. Dabei ist die falsche Bezeichnung des Widerspruchs als “Beschwerde” oder “Einspruch” unschädlich. Wenn der Widerspruch begründet wird, so müssen sich die Einwände gegen die Forderung an sich oder gegen die Höhe der Forderung richten. Der Widerspruch kann auch nur auf die Nebenforderungen beschränkt werden. In diesem Fall ist allerdings zu beachten, dass dann wegen des Restes, d.h. der Hauptforderung, ein Vollstreckungsbescheid erlassen werden kann.
6. Verfahren nach dem Widerspruch
Wenn der Widerspruch rechtzeitig erhoben wird, dann kann kein Vollstreckungsbescheid mehr erlassen werden. Vielmehr kann dann jede Partei, d.h. sowohl Antragsteller als auch Antragsgegner, die Durchführung des “normalen” streitigen Verfahrens beantragen. Geschieht dies, so gibt das Gericht, das den Mahnbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das im Mahnbescheid bezeichnete Gericht (Amtsgericht oder Landgericht) ab. Das Gericht benachrichtigt die Parteien, sobald es die Sache abgegeben hat.
Besonderheiten ergeben sich, wenn sich Gläubiger oder Schuldner im Ausland befinden. In diesem Fall gelten spezielle Zuständigkeitsregelungen. Häufig wird sich hier die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts empfehlen. Die folgende Darstellung bietet daher nur einen groben Überblick.
1. Schuldner ohne allgemeinen Gerichtsstand im Inland 2. Gläubiger im Inland
| 1. Schuldner im Inland 2. Gläubiger ohne allgemeinen Gerichtsstand im Inland |
Zuständig ist das Amtsgericht, das für ein streitiges Verfahren zuständig sein würde (§ 703d II ZPO, siehe dazu unter a) | Zuständig ist ausschließlich das Amtsgericht Berlin-Wedding (§ 689 II 2 ZPO) |
Die Zustellung des Mahnbescheides in dem anderen Land muss möglich sein. (siehe dazu unter b)) |
|
a) Voraussetzungen für die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts
• Parteien haben deutschen Erfüllungsort vereinbart
• der Erfüllungsort liegt aus anderen Gründen in Deutschland, oder
• die Parteien haben deutschen Gerichtsstand vereinbart
b) Die Zustellung des Mahnbescheides im Ausland findet nur in den folgenden Ländern statt
Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Israel, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Slowakei,
Slowenien, Spanien, Tschech. Republik, Ungarn, Verein. Königreich, Zypern
Neben dem deutschen Mahnverfahren gibt es auch die Möglichkeit, das „Europäische Mahnverfahren“ durchzuführen. Nähere Informationen finden Sie in unserem Merkblatt „Forderungsbeitreibung in der EU“.
Ob und inwiefern ein Unternehmen verpflichtet ist, Ware auf Wunsch des Käufers/der Kundin zurückzunehmen und den Kaufpreis zu erstatten oder gegen einen anderen Artikel aus dem Sortiment zu tauschen, ist häufig streitig. Seit 01.01.2022 gelten neue Regelungen: Der Mangel wird anders definiert und die Beweislastumkehr wurde auf ein Jahr verlängert. Unternehmer müssen ihre Geschäftsprozesse, AGB und Verträge anpassen.
Viele Kunden meinen, sie könnten gekaufte Gegenstände ohne Angabe von Gründen innerhalb eines bestimmten Zeitraums zurückgeben oder umtauschen. Ein solches Umtauschrecht kennt das Gesetz jedoch nicht. Vielmehr lautet der Grundsatz, dass einmal geschlossene Verträge einzuhalten sind. Reut den Käufer/die Käuferin die Entscheidung, so geht das zu seinen/ihren Lasten. Nur ausnahmsweise gibt es ein Widerrufsrecht von 14 Tagen. Dies ist bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, Fernabsatz- und Verbraucherkreditgeschäften der Fall, da hier der Kunde/die Kundin vor Überrumpelung und vor übereilten Schuldverpflichtungen geschützt werden soll.
Darüber hinaus gibt es nur dann ein Recht auf Rückgabe der Kaufsache bei Nichtgefallen, wenn der Verkäufer/der Verkäuferin ein solches - freiwillig - zugesagt hat. Dies kann im Verkaufsgespräch erfolgen oder sich aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkäufers/der Verkäuferin ergeben. Wird dem Kunden/der Kundin ein Rückgabe- oder Umtauschrecht bei Nichtgefallen eingeräumt, ist dies bindend. Die Verpflichtung des Verkäufers/der Verkäuferin richtet sich in diesem Fall nach dem Inhalt der Abrede. Anders als bei der Gewährleistung ist der Verkäufer/die Verkäuferin aber nicht in jedem Fall verpflichtet, den Kaufpreis zurück zu erstatten. Das Umtauschrecht kann (im Vorhinein!) auch dahingehend eingeschränkt werden, dass die Kaufsache gegen einen anderen Artikel im Sortiment eingetauscht beziehungsweise ein Warengutschein ausgestellt wird.
Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer die Sache frei von Rechts- und Sachmängeln zu verschaffen (§ 433 Absatz 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch = BGB). Ist die Kaufsache mit einem Mangel behaftet, so ist nicht ordnungsgemäß geleistet worden. Dann kommen die gesetzlichen Gewährleistungsregeln zur Anwendung.
1. Was ist ein Mangel?
Die Definition eines Mangels hat sich zum 01.01.2022 geändert.
a) Seit 01.01.2022 abgeschlossene Kaufverträge
Ein Sachmangel liegt vor, wenn die Sache den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen oder den Montageanforderungen nicht entspricht. Eine Sache kann also auch mangelhaft sein, obwohl sie den subjektiven Anforderungen entspricht.
Bei Verbrauchsgüterverträgen (Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher [B2C], im Gegensatz zu Verträgen zwischen zwei Unternehmern [B2B]) kann von den objektiven Anforderungen nur abgewichen werden, wenn der Verbraucher vor Abgabe seiner Willenserklärung eigens darüber in Kenntnis gesetzt wurde und die Abweichung ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde. Eine solche Abweichung kann also nicht im Rahmen von AGB/des „Kleingedruckten“ stattfinden.
b) Bis 31.12.2021 abgeschlossene Kaufverträge
Ein Sachmangel liegt vor, wenn der tatsächliche Zustand der Ware von dem Zustand abweicht, den die Parteien bei Abschluss des Kaufvertrages vereinbart haben („Abweichung der Soll-Beschaffenheit von der Ist-Beschaffenheit“). Fehlt eine ausdrückliche Vereinbarung, so muss die Sache für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendungsart geeignet sein beziehungsweise die für eine entsprechende Sache übliche Beschaffenheit aufweisen. Mängel sind beispielsweise technische Defekte oder die Eigenschaft als Unfallfahrzeug bei einem ohne entsprechenden Hinweis verkauften Gebrauchtwagen. War beiden Seiten klar, dass die Sache nicht oder nur eingeschränkt funktionstüchtig ist, so stellt dies hingegen keinen Mangel dar.
c) Weitere Fälle
Einem Mangel steht es gleich, wenn der Verkäufer/die Verkäuferin eine andere als die geschuldete Sache oder eine zu geringe Menge liefert.
Zu der maßgeblichen Beschaffenheit zählen auch Eigenschaften, die der Käufer bzw. die Käuferin nach öffentlichen Werbeaussagen erwarten durfte. Wird also eine Jacke als „extrem wettertauglich“ angepriesen, so muss sie tatsächlich eine besonders hohe Wetterfestigkeit aufweisen. Dies gilt nur in wenigen Ausnahmefällen nicht, etwa dann, wenn der Verkäufer die Äußerung weder kannte noch kennen musste oder wenn sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte. Die Beweislast hierfür liegt jeweils beim Verkäufer. Dass Werbeversprechen oder Verpackungsaussagen meist vom Hersteller und nicht vom Verkäufer getroffen werden, ist für den Anspruch des Käufers gegenüber dem Verkäufer irrelevant.
Aufgrund der Tatsache, dass auch der Verkäufer von der Werbung des Herstellers profitiert, muss er sich die Werbeaussagen gegenüber dem Kunden zurechnen lassen. Er kann den Mangel an der Kaufsache nichtsdestotrotz selbst gegenüber dem Hersteller geltend machen. Ein Mangel liegt auch dann vor, wenn eine vereinbarte Montage unsachgemäß durchgeführt worden ist.
Die Gewährleistung erfasst daher beispielsweise auch den Fall, dass der Verkäufer einzeln verkaufte Hängeschränke in einer Küche unsachgemäß anbringt, obwohl die Schränke als solche ohne weiteres genutzt werden könnten. Ein Sachmangel liegt bei einer zur Montage bestimmten Sache ferner vor, wenn die Montageanleitung mangelhaft ist, es sei denn, die Sache ist fehlerfrei montiert worden.
2. Welche Rolle spielt der so genannte Gefahrübergang?
Ein Mangel kann nur berücksichtigt werden, wenn er bereits im Zeitpunkt des so genannten Gefahrübergangs vorlag. Dies ist in der Regel der Zeitpunkt, zu dem die Sache an den Käufer übergeben wird. Es reicht aus, wenn der Mangel bei Gefahrübergang bereits begründet ist, aber erst später erkennbar wird (Beispiel: eine Schuhsohle ist von Anfang an schlecht verklebt und reißt nach einiger Zeit ab). Eine Besonderheit besteht, wenn die Sache von einer Person erworben wurde, die sie nicht für eine gewerbliche oder selbständige Tätigkeit nutzt. Zeigt sich innerhalb eines Jahres (Kaufverträge vor dem 31.12.2021: sechs Monate) ab Gefahrübergang eine Mangelerscheinung, muss der Verbraucher- Käufer nicht beweisen, auf welche Ursache dieser Zustand zurückzuführen ist, sondern es wird vermutet, dass sie in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt. Außerdem wird vermutet, dass der mangelhafte Zustand zumindest schon im Ansatz bereits bei Gefahrübergang vorgelegen hat, außer dies ist mit der Art des Mangels oder der Ware nicht vereinbar. Der Verkäufer kann versuchen, diese Vermutungen zu widerlegen. Bei Verbraucherverträgen über lebende Tiere greift die Vermutung für den Zeitraum von sechs Monaten ab Gefahrübergang, bei Verbraucherverträgen über Waren mit digitalen Inhalten greift die Vermutung bezogen auf die digitalen Elemente ab Gefahrübergang zwei Jahre lang.
3. Welche Rechte können bei einer mangelhaften Kaufsache geltend gemacht werden?
a) Nacherfüllung:
Ist die Ware mit einem Mangel behaftet, hat der Käufer zunächst nur einen Anspruch auf Nacherfüllung (§ 439 BGB). Er kann damit zwischen Nachbesserung („Beseitigung des Mangels“) und Ersatzlieferung („Lieferung einer mangelfreien Sache“) wählen. Unter Nachbesserung fällt zum Beispiel die Reparatur eines Toasters, während die Ersatzlieferung die Lieferung eines neuen Toasters der gleichen Serie gegen Rückgabe des fehlerhaften Toasters wäre. Der Verkäufer darf die gewählte Art der Nacherfüllung nur verweigern, wenn sie unmöglich ist (wie zum Beispiel die Nachlieferung eines Unikates) oder
wenn sie für ihn mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte.
Der Käufer muss dem Verkäufer die Sache zum Zwecke der Nacherfüllung zur Verfügung stellen. Bei Nachlieferung einer mangelfreien Sache hat der Verkäufer gegen den Käufer einen Anspruch auf Herausgabe der fehlerhaften Sache und der Verkäufer muss die Sache auf seine Kosten zurücknehmen.
b) Aus- und Einbaukosten bei Ersatzlieferung:
Ist die fehlerhafte Sache bereits eingebaut worden, bevor der Mangel entdeckt wurde, ist die Ersatzlieferung häufig mit hohen Kosten für den Ausbau der fehlerhaften und Einbau der nachgelieferten Sache verbunden.
aa) Vor dem 01.01.18 geschlossene Verträge:
(1) Bei B2B-Verträgen hat der Käufer weder einen Anspruch auf Ausbau, neuen Einbau noch auf Ersatz der dafür erforderlichen Kosten. Er kann diese Kosten vom Verkäufer (nur dann) als Schadensersatz ersetzt verlangen, wenn dem Verkäufer ein Verschulden vorzuwerfen ist.
(2) Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Käufer jedoch grundsätzlich verlangen, dass der Verkäufer den Ausbau der mangelhaften und den Einbau der nachgelieferten Sache übernimmt. Ein Recht zur Selbstvornahme hat der Käufer nicht, es sei denn, der Verkäufer erfüllt seine Pflicht nicht. Sind die Kosten des Aus- und Einbaus unverhältnismäßig hoch, kann der Verkäufer die Ersatzlieferung verweigern. Er muss dafür dem Käufer jedoch einen angemessenen Teil der erforderlichen Kosten erstatten. Ob und in welchen Fällen der Letztverkäufer sich bei seinem Verkäufer schadlos halten kann, ist umstritten.
bb) Ab dem 01.01.2018 bis 31.12.2021 geschlossene Verträge:
Der Verkäufer ist im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für den Ausbau der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder neu gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen, wenn die Sache ihrer Art und ihrem Verwendungszweck nach eingebaut oder angebracht worden ist. Ein Recht des Verkäufers, den Ausbau der mangelhaften und den Einbau bzw. das Anbringen der mangelfreien Sache selbst vorzunehmen, sieht das Gesetz nicht vor. Der Verkäufer muss allerdings die Kosten nur dann tragen, wenn der Käufer die mangelhafte Kaufsache gutgläubig eingebaut oder verarbeitet hat. Dies gilt sowohl für den Verbrauchsgüterkauf als auch für Verkäufe B2B. Sind die Kosten des Aus- und Einbaus unverhältnismäßig hoch, kann der Verkäufer die Ersatzlieferung verweigern. Beim Verbrauchgüterkauf muss er dem Käufer jedoch einen angemessenen Teil der erforderlichen Kosten erstatten. Zum Rückgriff beim Lieferanten siehe unten.
cc) Ab dem 01.01.2022 geschlossene Verträge:
Für ab dem 01.01.2022 geschlossene Verträge kommt es nicht mehr auf die Gutgläubigkeit an, sondern darauf, dass der Einbau stattgefunden hat „bevor der Mangel offenbar wurde“. Damit wurde ein neuer Rechtsbegriff eingeführt und es ist unklar, was damit gemeint ist. Möglicherweise kommt es weder auf ein Erkennen noch die Erkennbarkeit für den individuellen Käufer an, sondern auf eine objektive Erkennbarkeit durch einen Durchschnittskunden. Sind die Kosten unverhältnismäßig hoch und darf der Verkäufer deshalb die Nacherfüllung verweigern, hat auch der Verbraucher keinen Anspruch mehr auf einen angemessenen Teil der Kosten. Es kommen dann bei unerheblichen Mängeln Minderung, bei erheblichen Mängeln auch Rücktritt und bei Verschulden des Verkäufers jeweils Schadensersatz in Betracht.
d) Weitere Gewährleistungsansprüche:
Verweigert der Verkäufer die Nacherfüllung oder schlägt sie fehl (eine Nachbesserung galt früher im Regelfall nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen, für ab 01.01.22 geschlossene Kaufverträge zumindest im B2C-Verhältnis bereits nach einem erfolgslosen Versuch), stehen dem Käufer Ansprüche auf Rücktritt vom Vertrag, Minderung und/oder Schadensersatz zu. Gleiches gilt bei Altverträgen, wenn er dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Nacherfüllung eingeräumt hat und diese erfolglos verstrichen ist. Seit 1. Januar 2022 ist es bei Verbraucherverträgen ausreichend, wenn der Verkäufer vom Käufer über den Mangel unterrichtet wird, es muss keine konkrete Frist zur Nacherfüllung mehr gesetzt werden. Vielmehr beginnt automatisch ab Mitteilung des Mangels eine angemessene Frist zu laufen, in welcher der Unternehmer die Nacherfüllung ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher zu erbringen hat (§ 475 Abs. 5 BGB). Beim Verbrauchsgüterkauf ist seit 01.01.22 der sofortige Rücktritt zulässig, wenn “der Mangel derart schwerwiegend ist, dass der sofortige Rücktritt gerechtfertigt ist.” (§ 475d BGB).
aa) Rücktritt bedeutet die Rückabwicklung des Kaufvertrages; Ware und Geld werden also jeweils an die andere Partei zurückgegeben und gezogene Nutzungen sind herauszugeben. Bei Verbrauchsgüterkäufen trägt der Unternehmer die Kosten der Rückgabe der Sache. Kann der Käufer die mangelhafte Ware nicht mehr oder nur noch in verschlechtertem Zustand zurückgeben, kann der Verkäufer Wertersatz verlangen. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die Verschlechterung der Ware auf einer bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme beruht.
bb) Minderung nennt man die Herabsetzung des Kaufpreises. Die Berechnung erfolgt nach der Formel: Geminderter Preis ist gleich Wert der mangelhaften Sache multipliziert mit vereinbartem Preis dividiert durch Wert ohne Mangel.
cc) Schadensersatz kann etwa in folgenden Fällen verlangt werden: Ersatz des Schadens, der unmittelbar im Zusammenhang mit der mangelhaften Sache entsteht (zum Beispiel Reparaturkosten) und Schadensersatz wegen Mangelfolgeschäden, die an anderen Gütern eintreten (zum Beispiel verdorbene Speisen in einer defekten Gefriertruhe). Im zweiten Fall ist eine Fristsetzung zur Nacherfüllung ausnahmsweise nicht erforderlich, das heißt der Anspruch kann unmittelbar geltend gemacht werden. Schadensersatzforderungen setzen voraus, dass der Verkäufer die Lieferung einer mangelhaften Sache zu vertreten hat. Dies wird nach dem Gesetz vermutet; der Verkäufer kann sich jedoch entlasten, wenn er den Mangel nicht kannte und nicht hätte erkennen müssen. Eine Pflicht, die Ware zu untersuchen, wird dem Verkäufer im Allgemeinen nicht auferlegt.
4. Wann scheiden Gewährleistungsansprüche trotz eines Mangels aus?
Die Gewährleistung entfällt nach dem Gesetz, wenn der Kunde den Fehler bei Abschluss des Vertrages kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Beruht die Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit, haftet der Verkäufer jedoch, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat. Seit Januar 2022 entfällt bei Verbraucherverträgen die Gewährleistung auch dann nicht, wenn der Verbraucher den Mangel bei Vertragsschluss kannte.
5. Verjährung und Ausschluss der Gewährleistung/Haftung
Die Frist für die Verjährung von Ansprüchen aufgrund von Mängeln an der Kaufsache beträgt 2 Jahre (§ 438 Absatz 1 Nummer 3 BGB), im Baugewerbe sogar fünf Jahre. Sie beginnt regelmäßig mit der Übergabe der Kaufsache. Nach einem Jahr bzw. bei Altverträgen sechs Monaten tritt jedoch bei Verträgen mit Verbrauchern eine Beweislastumkehr ein (siehe 2).
Liegt ein Verbrauchsgüterkauf vor, bestehen noch weitere Besonderheiten im Zusammenhang mit der Verjährung: Bei einem Mangel, der sich innerhalb der regulären Gewährleistungsfrist gezeigt hat, tritt die Verjährung erst vier Monate nach dem Zeitpunkt ein, in dem sich der Mangel erstmals gezeigt hat. Wenn sich also bei einem gekauften PC erst im 23. Monat der Mangel zeigt, kann der Verbraucher seine Ansprüche beispielsweise noch bis zum 27. Monat nach Lieferung geltend machen. Das Problem: Für den Verkäufer ist kaum nachprüfbar, wann der Mangel sich tatsächlich gezeigt hat.
Darüber hinaus sieht das Gesetz eine Ablaufhemmung vor, wenn der Verkäufer während der Verjährungsfrist einem geltend gemachten Mangel durch Nacherfüllung abhilft. In diesem Fall tritt die Verjährung von Ansprüchen wegen des geltend gemachten Mangels erst nach Ablauf von zwei Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem die nachgebesserte oder ersetzte Ware dem Verbraucher übergeben wurde.
Sonderregelungen bestehen zudem, wenn es um Waren mit digitalen Elementen oder die Bereitstellung digitaler Inhalte geht. Hier verjähren etwaige Gewährleistungsansprüche erst nach 12 Monaten nach dem Ende der Bereitstellung bzw. der Aktualisierungspflicht.
Ein Haftungsausschluss oder eine Haftungsbegrenzung hinsichtlich der Mängelhaftung zu Ungunsten des Käufers durch Vertrag oder Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nur eingeschränkt möglich. Hierbei ist zwischen dem Verbrauchsgüterkauf, also dem Verkauf durch einen Unternehmer an einen Verbraucher, und dem Verkauf an einen Unternehmer sowie zwischen neuen und gebrauchten Sachen zu unterscheiden:
Beim Verbrauchsgüterkauf sind von der gesetzlichen Verjährungsregelung abweichende Abreden zum Nachteil des Verbrauchers unwirksam. Daher sind Vereinbarungen, die zu einer Verjährungsfrist von weniger als zwei Jahren für neu hergestellte Sachen führen, nicht zulässig. Seit 1. Januar 2022 ist es gesetzlich geregelt, dass bei gebrauchten Sachen die Verjährungsfrist auf mindestens ein Jahr ab Ablieferung der Sache gekürzt werden kann. Eine Verkürzung der Verjährungsfrist der Mängelansprüche kann seit Januar 2022 nur noch ausdrücklich und gesondert vereinbart werden und der Verbraucher muss darüber in Kenntnis gesetzt werden. Eine Verkürzung der Frist im Rahmen von AGB/“Kleingedrucktem“ ist nicht möglich.
Bei dem Verkauf an einen Unternehmer – egal ob durch einen Unternehmer oder einen Verbraucher – kann die Verjährung bei neuen Sachen durch AGB auf ein Jahr verkürzt werden. Bei gebrauchten Sachen kann die Verjährung noch weiter verkürzt werden. Eine Verkürzung der Gewährleistungsfrist auf unter ein Jahr ist im Verkehr zwischen Unternehmern bei neuen Sachen nur über eine individuelle Vereinbarung - nicht AGB - möglich. An das Vorliegen einer Individualabrede werden sehr hohe Anforderungen gestellt.
Allerdings ist zu beachten, dass ein vollständiger Haftungsausschluss (zum Beispiel für vorsätzliche Schädigung) niemals zulässig ist, weder in AGB noch per Individualabrede. Nähere Informationen finden Sie in unserem Merkblatt „Allgemeine Geschäftsbedingungen“.
Sollten Sie - egal ob in AGB oder in individuellen Verträgen - eine Verjährungsverkürzung oder einen Haftungsausschluss vereinbaren wollen, lassen Sie sich von einem Rechtsanwalt bezüglich der konkreten Wortwahl beraten. Es kommt auf jedes einzelne Wort an!
6. Rückgriff in der Lieferkette
a) Gewährleistung
Wird der Verkäufer einer Sache aufgrund ihrer Mangelhaftigkeit in Anspruch genommen, kann er seinerseits bei seinem Lieferanten Gewährleistungsansprüche geltend machen (§ 445a BGB) (sofern sie noch nicht verjährt sind).
b) Rückgriff
Der Verkäufer einer neu hergestellten Sache kann sich bei seinem Verkäufer (Lieferanten) bezüglich der gegenüber seinem Käufer angefallenen Gewährleistungskosten schadlos halten, wenn der entsprechende Mangel bereits beim Übergang der Gefahr auf ihn vorhanden war. Der Lieferant wiederum kann sich bei seinem Lieferanten schadlos halten usw., vorausgesetzt, die weiteren Verkäufer sind Unternehmer. Der Verkäufer braucht dem Lieferanten keine Frist zu setzen, wenn er selbst die verkaufte neu hergestellte Sache infolge ihrer Mangelhaftigkeit zurücknehmen musste oder der Käufer den Kaufpreis gemindert hat. Der Anspruch des Verkäufers gegen den Lieferanten verjährt in zwei Jahren ab Ablieferung der Sache. Die Verjährung tritt aber frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt ein, in dem der Verkäufer die Ansprüche des Käufers erfüllt hat. Spätestens fünf Jahre nach dem Zeitpunkt, in dem der Lieferant die Sache dem Verkäufer abgeliefert hat, endet auch diese Ablaufhemmung. Diese Obergrenze ist mit der Neuregelung vom 01.01.2022 entfallen. Die Lieferkette endet beim Hersteller der neu hergestellten Sache. Seine Zulieferer sind davon nicht umfasst.
7. Welche Besonderheiten gelten für Kaufleute?
Bei Kaufverträgen zwischen Kaufleuten ist die Rügeobliegenheit gemäß § 377 Handelsgesetzbuch – HGB zu beachten. Demnach muss der Käufer die gelieferte Ware unverzüglich überprüfen und etwaige Mängel anzeigen. Die unverzügliche Rügeobliegenheit gilt auch, wenn sich ein Mangel erst später zeigt, und auch beim Streckengeschäft. Unterlässt der Käufer die Mangelanzeige, verliert er seine Gewährleistungsrechte (auch im Falle des Rückgriffs in der Lieferkette!).
Zur Frage, was ein „Kaufmann“ im Sinne des Handelsgesetzbuchs ist, können Sie sich in unserem Merkblatt „Kaufmann im Handelsrecht“ informieren.
Die Garantie wird oftmals mit der Gewährleistung verwechselt beziehungsweise mit dieser gleichgesetzt. Im rechtlichen Sinne ist die Garantie jedoch etwas anderes. Unter der Garantie versteht man, dass der Garantiegeber einem Begünstigten einen Anspruch einräumt, der über die gesetzlichen Verpflichtungen hinausgeht oder neben sie treten kann (§ 443 BGB). Die Garantie ist also eine freiwillige Erklärung, meist des Herstellers/der Herstellerin (Herstellergarantie), oder des Verkäufers/der Verkäuferin (Händlergarantie). Dabei wird durch den Hersteller oder den Händler die Haftung übernommen, dass die Sache eine bestimmte Beschaffenheit hat (Beschaffenheitsgarantie) oder dass diese Beschaffenheit über einen bestimmten Zeitraum besteht, also nicht durch Verschleiß oder Abnutzung beeinträchtig wird (Haltbarkeitsgarantie).
Die sich aus der Garantieerklärung ergebene Garantieverpflichtung ist unabhängig von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Sachmangels bei Gefahrübergang und damit unabhängig von der gesetzlichen Gewährleistung. Dem Käufer/der Käuferin können also unter Umständen Ansprüche aus gesetzlicher Sachmängelhaftung sowie Ansprüche aus der Garantie nebeneinander zustehen. Der Käufer bzw. die Käuferin kann sich also im Falle einer Herstellergarantie aussuchen, ob er sich im Rahmen der Garantie an den Hersteller oder im Rahmen der Gewährleistung an den Verkäufer wenden möchte. Wofür der Garantiegebebende einsteht, ergibt sich aus der Garantieerklärung. Die gesetzlichen Gewährleistungsregeln legen also eine Mindesthaftung fest. Die freiwillige Garantie kann darüber hinausgehen. Gesetzlich geregelt ist lediglich die Beweislastumkehr für die Haltbarkeitsgarantie. Diesbezüglich besteht eine gesetzliche Vermutung für den Garantiefall, wenn ein Mangel innerhalb der Geltungsdauer auftritt.
Für die Garantie haftet nur derjenige, der sie eingeräumt hat.
Die Garantieerklärung kann schriftlich oder mündlich abgegeben werden, also sowohl im Vertrag, auf der Verpackung oder in der Produktbeschreibung als auch im Verkaufsgespräch. Der Käufer/die Käuferin kann sich wie bei der Sachmängelhaftung ebenso auf die Werbung berufen. Im Falle eines Verbrauchsgüterkaufs kann der Verbraucher eine schriftliche oder auf einem Datenträger fixierte Ausfertigung der Garantieerklärung verlangen. Diese muss einfach und verständlich abgefasst sein. Zudem hat sie einen Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers zu beinhalten sowie darauf, dass sie durch die Garantie nicht eingeschränkt werden. Ferner sind der Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, insbesondere die Dauer und der räumliche Geltungsbereich des Garantieschutzes wie auch Namen und Anschrift des Garantiegebers, mitzuteilen. Seit dem 01.01.2022 ist die Garantieerklärung dem Verbraucher spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung der Ware auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen.
Viele Schuldner zahlen ihre Schulden erst lange Zeit nach Fälligkeit oder lassen sich verklagen. Vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen gehen säumige Schuldner an die Substanz. Dieser Artikel soll eine Hilfestellung bieten, was man dagegen tun kann.
1. Mahnung, was ist das?
Unter einer Mahnung versteht man eine bestimmte und eindeutige Aufforderung des Gläubigers an seinen Schuldner, die geschuldete Leistung zu erbringen. Der Schuldner wird an die ausstehende Forderung erinnert. Seine Zahlungspflicht besteht aber auch ohne dass er gemahnt wird.
Rechtliche Bedeutung hat die Mahnung insbesondere im Hinblick auf den sogenannten Verzug des Schuldners: "Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug.“ (§ 286 Absatz 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Zu den Voraussetzungen und den Rechtsfolgen des Verzuges siehe unter II. Eine Mahnung ist nur wirksam, wenn die geforderte Leistung fällig ist. Eine vor Fälligkeit erklärte Mahnung ist unwirksam und wird auch nicht durch den Eintritt der Fälligkeit wirksam.
2. Form
Die Mahnung ist an keine Form gebunden. Sie kann schriftlich, mündlich oder auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Vor Gericht trifft den Gläubiger die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des Verzuges. Daher ist eine schriftliche Mahnung oder ggf. die Textform zu empfehlen.
3. Inhalt eines Mahnschreibens und Beispiele
Gesetzlich erforderlich für den Verzugseintritt ist nur eine einzige Mahnung. Bis zu drei Mahnungen können der kaufmännischen Gepflogenheit entsprechen. Je mehr Mahnungen Sie verschicken, desto mehr Zeit verstreicht jedoch, bevor Sie weitere Maßnahmen ergreifen können. Es kann daher auch angebracht sein, nur eine einzige, deutlich formulierte Mahnung mit einem kurzfristigen Zahlungsziel zu versenden. Ein solches Vorgehen senkt außerdem das Risiko einer Insolvenzanfechtung bei Zahlungsunfähigkeit des Geschäftspartners (Bargeschäft i.S. d. § 142 InsO).
Allgemein gilt zu beachten, dass die Mahnung die Angabe von Datum und Nummer der Rechnung und des Lieferscheins Fälligkeit beinhalten sollte. Dies dient der Bestimmtheit und schafft dem Schuldner Klarheit darüber, welcher Rechnungsposten vom Gläubiger angemahnt wird.
Entscheiden Sie sich für die Variante „mehrere Mahnungen“, so könnte dies wie folgt aussehen:
Erste Mahnung:
Im Allgemeinen wird die erste Mahnung zwar unmittelbar nach der Feststellung der Nichtzahlung, gleichwohl aber in der höflichen Form einer „Zahlungserinnerung“ erfolgen. Eine Fristsetzung ist nicht nötig, ebenso wenig die Androhung bestimmter Folgen. Es genügt, wenn der Gläubiger unzweideutig zum Ausdruck bringt, dass er die geschuldete Leistung verlangt.
Zweite Mahnung:
Ist innerhalb von 14 Tagen nach der ersten Mahnung keine Zahlung eingegangen, so könnte eine zweite Mahnung erfolgen. Inhaltlich kann auch diese als „Zahlungserinnerung“ formuliert werden, allerdings mit der ausdrücklichen Bitte, nunmehr der Leistungspflicht innerhalb einer bestimmten Frist nachzukommen.
Dritte Mahnung:
Nach weiteren 14 Tagen ohne Zahlungseingang kann dann eine dritte und letzte Mahnung erfolgen. Sie wird in unmissverständlicher Weise eine letzte Frist zur Zahlung setzen und die gerichtliche Verfolgung der Forderung in Aussicht stellen.
4. Bei Erfolglosigkeit: Gerichtliches Mahnverfahren nach §§ 688 ff. ZPO
Reagiert der Schuldner auf die Mahnung(en) nicht, kann der Gläubiger gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen und einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids stellen. Die Einzelheiten des gerichtlichen Mahnverfahrens sind in unserem Merkblatt „Gerichtliches Mahnverfahren“ dargestellt.
1. Eintritt des Verzuges
Verzug liegt vor bei von dem Schuldner zu vertretendem „Nichtleisten“ trotz Fälligkeit, Mahnung (ggf. entbehrlich, s.u. 2.) und Leistungsvermögen des Schuldners (d.h. die Leistung muss noch möglich und nachholbar sein). Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat, § 286 Absatz 4 BGB (kein Verzug ohne Verschulden). Den Schuldner trifft die Beweislast dafür, dass ihn kein Verschulden trifft.
Um eine Forderung geltend machen zu können, muss diese fällig sein. Die Fälligkeit ergibt sich aus den zwischen Gläubiger und Schuldner getroffenen Absprachen oder aus dem Gesetz. Sind keine besonderen Absprachen oder gesetzliche Regelungen vorhanden, so ist die Leistung nach § 271 Abs. 1 BGB sofort fällig. Sobald eine Forderung fällig ist, kann der Gläubiger Zahlung verlangen.
2. Verzug ohne Mahnung
Eine Mahnung ist nicht erforderlich,
3. Rechtsfolgen des Verzugs
a) Der Gläubiger behält weiterhin seinen Anspruch auf die Leistung.
b) Gefährlich für säumige Schuldner: Während des Verzugs haften sie gem. § 287 BGB für jede Fahrlässigkeit und zwar auch, wenn z.B. per AGB die Haftung für einfache Fahrlässigkeit ausgeschlossen wurde. Zudem haften sie auch für Zufall, beispielsweise, wenn die Erfüllung der vereinbarten Leistung nach Verzugseintritt unmöglich oder der Leistungsgegenstand beschädigt wird.
c) Der Gläubiger kann während des Verzugs Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem aktuellen Basiszinssatz in Rechnung stellen (§ 288 BGB). Den jeweils gültigen Zinssatz finden Sie im Internet auf der Homepage der Bundesbank.
Für den Geschäftsverkehr unter Unternehmern beträgt der Zinssatz neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Ein Verbraucher (eine Privatperson) darf bei Zugrundelegung dieses erhöhten Zinssatzes nicht an den Rechtsgeschäften beteiligt sein. Zudem ist zu beachten, dass diese Vorschrift auf Entgeltforderungen beschränkt ist.
d) Der Gläubiger kann von einem Schuldner einer Entgeltforderung, der kein Verbraucher ist, eine Schadensersatzpauschale in Höhe von 40 Euro verlangen, § 285 Abs. 5 BGB. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass dies nicht für Lohnforderungen gilt.
Der Gläubiger kann auch den Ersatz seines weiteren Verzugsschadens verlangen. Hierzu gehören beispielsweise Rechtsverfolgungskosten oder ein höherer Zinsschaden, wenn er sich bei seiner Bank mit entsprechend hohen Zinsen zwischenfinanzieren musste). Nicht ersatzfähig sind die Kosten einer den Verzug erst begründenden Mahnung oder der Verlust von Freizeit für die Rechtsverfolgung.
Kaufleute sind untereinander berechtigt, für ihre Forderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften vom Tage der Fälligkeit an Zinsen zu fordern (§ 353 Satz 1 Handelsgesetzbuch, HGB).
IV. Tipps für das Forderungsmanagement
Mehr als Gesetze hilft Ihrem Unternehmen in den meisten Fällen ein funktionierendes Forderungsmanagement. Folgende Punkte können dabei als Anhaltspunkte dienen:
Im täglichen Geschäftsverkehr werden eine Vielzahl von Verträgen zwischen Privatpersonen und Unternehmern, aber auch zwischen Unternehmern untereinander abgeschlossen, beispielsweise Kaufverträge, Werkverträge, Mietverträge etc. Aus diesen Verträgen entstehen Verpflichtungen wie z. B. die Bezahlung des Kaufpreises. Der Durchsetzbarkeit solcher Ansprüche ist zeitlich eine gesetzliche Grenze gesetzt. Das bedeutet, dass nach Ablauf einer gesetzlich festgelegten Frist der Schuldner sich auf die Verjährung seiner Schuld berufen und die Erfüllung des Anspruches verweigern kann. In diesem Fall kann der Gläubiger seinen Anspruch nicht mehr gerichtlich durchsetzen, obwohl der Anspruch rechtlich gesehen weiter bestehen bleibt und man mit ihm z.B. unter bestimmten Voraussetzungen aufrechnen kann.
Ansprüche verjähren grundsätzlich in drei Jahren (regelmäßige Verjährung). Für Mängel an einem Bauwerk und verwandte Konstellationen ist die Verjährung auf fünf Jahre ausgedehnt. Dreißig Jahre beträgt sie u. a. für Herausgabeansprüche aus sog. dinglichen Rechten, wie Eigentum oder einem Pfandrecht, Ansprüchen, die rechtskräftig festgestellt sind, sowie bestimmten weiteren Fällen wie vollstreckbaren Vergleichen und Urkunden. Forderungen aus Ersatzansprüchen des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjähren in sechs Monaten.
Auch familien- und erbrechtliche Ansprüche verjähren grundsätzlich nach drei Jahren.
Von entscheidender Bedeutung ist bei jeder Verjährungsfrist, wann die Frist zu laufen beginnt.
Kaufvertragliche Gewährleistungsansprüche sowie werk- und reisevertragliche Gewährleistungsansprüche verjähren grundsätzlich in zwei Jahren ab Ablieferung der Sache/Abnahme/vertraglich vereinbartem Reiseende (keine Jahresendverjährung). Abweichend von der gesetzlichen Regelung können vertraglich auch andere Verjährungsfristen und ein anderer Verjährungsbeginn vereinbart werden. Ausgenommen sind jedoch besondere, zwingende Verjährungsfristen, wie sie insbesondere für Gewährleistungsansprüche von Verbrauchern gelten.
Die Verjährung kann durch bestimmte Ereignisse gehemmt sein oder neu beginnen.
Der Zeitraum, in dem die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht einberechnet. Insbesondere schwebende (ernsthafte) Verhandlungen hemmen die Verjährung. Bei Verhandlungen über das Bestehen eines Anspruchs müssen daher nicht sofort gerichtliche Schritte zur Abwendung der Verjährung eingeleitet werden. Die Verjährung ist so lange gehemmt, bis eine Partei die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt dann frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.
Weitere wichtige Hemmungstatbestände nennt § 204 BGB (Hemmung durch Rechtsverfolgung) u.a.:
In diesen Fällen endet die Hemmung sechs Monate nach Beendigung des Verfahrens oder, bei Stillstand, weil das Verfahren nicht weiter betrieben wird, sechs Monate nach Ende der letzten Verfahrenshandlung.
Der Neubeginn der Verjährung (§ 212 BGB) bewirkt, dass die bereits angelaufene Verjährungsfrist in voller Länge erneut zu laufen beginnt. Der Neubeginn der Verjährung erfolgt, wenn
Zu beachten ist, dass der Neubeginn der Verjährung keine (erneute) Jahresendverjährung begründet. Der Verjährungsbeginn ist dementsprechend auf den Tag genau zu bestimmen.
Wenngleich kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche grundsätzlich in zwei Jahren nach der Ablieferung der Sache verjähren, ist bei Verbrauchsgüterkäufen eine längere Verjährungsfrist dennoch möglich.
Hinweis: Ob Mängelbeseitigungsmaßnahmen oder -versuche des Verkäufers zu einer Hemmung oder zum Neubeginn der Verjährung der Mängelansprüche des Käufers führen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Zur Erzielung von Rechtssicherheit bestimmt das Gesetz für die regelmäßige Verjährung Verjährungshöchstfristen, sog. Maximalfristen, nach denen Ansprüche ohne Rücksicht auf Kenntnis oder grob-fahrlässige Unkenntnis verjähren. Die allgemeine Maximalfrist beträgt zehn Jahre von der Entstehung des Anspruchs an. Die Verjährungshöchstfristen begründen keine Jahresendverjährung, sodass der Verjährungsbeginn auf den Tag genau zu bestimmen ist.
Da das Internet globale Kommunikation ermöglicht, bewegt sich der Benutzer oft in verschiedenen Rechtskreisen. In der EU gibt es ein einheitliches Verbraucherschutzsystem. Die einschlägigen Richtlinien bewirken, dass Problemen bei grenzüberschreitenden Verträgen entgegengewirkt wird.
Verträge im Internet werden grundsätzlich genauso geschlossen wie im Geschäftsverkehr, nämlich durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen (Angebot und Annahme). Der Käufer kann per Mausklick oder E-Mail ein Angebot abgeben, der Verkäufer dieses auf die gleiche Weise annehmen. Wird ein Vertrag nicht in sog. Chatrooms oder in Online- Konferenzsystemen geschlossen, handelt es sich beim Vertragsschluss im Internet um einen Vertrag unter Abwesenden. Für Verträge unter Abwesenden wird die jeweilige Willenserklärung erst wirksam, wenn sie dem Empfänger zugeht. Für den Zugang wird verlangt, dass der Empfänger die Willenserklärung zur Kenntnis nehmen kann und dass die Kenntnisnahme zu diesem Zeitpunkt auch verkehrsüblich ist. Von Kaufleuten wird erwartet, dass sie während der üblichen Geschäftszeiten mindestens einmal täglich ihre E-Mails abrufen.
Bei der Präsentation von Waren oder Dienstleistungen auf einer Homepage handelt es sich in der Regel nicht um ein rechtsverbindliches Vertragsangebot. Vergleichbar mit einer Schaufensterauslage liegt darin nur die Aufforderung an den Betrachter, selbst ein Angebot abzugeben. Das Angebot wird dann durch den Händler, meist per E-Mail, angenommen. Teilweise erhält der Kunde zunächst eine automatisierte Eingangsbestätigung und die Annahme erfolgt dann manuell durch eine weitere E-Mail („Auftragsbestätigung“). Ebenfalls möglich ist aber auch die Annahme des Angebots mit automatisierter E-Mail direkt nach Eingang.
Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass die Präsentation der Waren schon ein verbindliches Angebot darstellt, das durch die Bestellung angenommen wird. Dies ist z.B. bei ebay Sofortkauf der Fall.
Wichtig: Nach Eingang einer Zahlungsaufforderung ist (abgesehen von Betrugsmaschen) in der Regel ein Vertragsschluss anzunehmen. Gleiches gilt bei der Verwendung von Zahlweisen, die eine sofortige Zahlung ermöglichen (wie z.B. Paypal), wenn der Zahlungsvorgang in die Wege geleitet wird.
Auch bei elektronischen Willenserklärungen besteht die Möglichkeit, eine fehlerhafte Erklärung anzufechten. Es treten allerdings einige technische Besonderheiten auf. Die falsche Eingabe einer E-Mail, deren versehentliche Versendung oder eine fehlerhafte Übermittlung berechtigen in der Regel zur Anfechtung. Beruhen die Fehler jedoch auf der Verwendung von mangelhafter Soft- oder Hardware oder sind sie durch falsches Datenmaterial bei der Datenverarbeitung entstanden, berechtigen sie nach wohl überwiegender Auffassung, wie ein Fehler in der Willensbildung, nicht zur Anfechtung. Die Verwendung technischer Geräte für automatisierte Erklärungen liegt im Fehlerrisiko des Verwenders.
Grundsätzlich können Verträge formfrei, also z. B. auch mündlich geschlossen werden. Die Schriftform spielt nur dann eine Rolle, wenn sie gesetzlich vorgeschrieben ist (z. B. bei Verbraucherkreditverträgen, Mieterhöhungen und Kündigung von Wohnraum, Bürgschaften, Quittungen, Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnissen). Für formbedürftige Rechtsgeschäfte fehlt bei Erklärungen per Internet die eigenhändige Namensunterschrift, so dass sie nicht der Schriftform entsprechen. Von der Unterschrift deutlich zu trennen ist die digitale Signatur. Ihrer Funktion nach ist sie mit einem Siegel vergleichbar. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des Signaturgesetzes gelten die nach den Bestimmungen erzeugten digitalen Signaturen als sicher. In derartigen Fällen ersetzt gem. § 126 a BGB die elektronische Form die vorgeschriebene schriftliche Form.
AGB können auch bei Online-Verträgen wirksam einbezogen werden. Sie unterliegen allerdings uneingeschränkt der so genannten Inhaltskontrolle durch das AGB-Recht des BGB. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit die AGB überhaupt Vertragsbestandteil werden:
Ferner besteht ab dem, 01.07.2022 gemäß § 312k BGB eine Pflicht zur Vorhaltung eines Kündigungsbuttons bei Verbraucherverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr. Die Regelung gilt für bestimmte Dauerschuldverhältnisse, die mit Verbrauchern im elektronischen Geschäftsverkehr begründet werden. Die Schaltfläche muss den formellen Anforderungen gemäß § 312j Abs. 3 BGB genügen.
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