Eine Aufbruchstimmung herrschte unter den rund 100 Unternehmensvertretern der sehr gut besuchten IHK-Veranstaltung „Bundeswehr – Wirtschaft“ in der IHK in Bielefeld: „Stellen Sie sich dem Wettbewerb, partizipieren Sie vom mit 500 Milliarden Euro ausgelobten Sondervermögen der Bundesregierung und nutzen Sie Ihre Chancen“, riet Götz Witzel von der Military Business-Beratungsagentur WIMCOM GmbH aus Höhr-Grenzhausen den Anwesenden.
„Von Rasenmähern bis zu Satelliten, von Frikadellen bis zu Kleiderbügeln – die Bundeswehr benötigt alles.“ Dabei gab Witzel Einblicke in konkrete Bedarfe und zeigte Kooperati-onsmöglichkeiten auf, etwa über die bereits bestehenden zirka 1.000 Systempartner der Bundeswehr. Angesprochen auf die zeitraubende Bürokratie bei Ausschreibungen sagte der Experte, die Bundeswehr könne bei Vorlage weniger Voraussetzungen demnächst Aufträge bis zu einer Million Euro ohne kompliziertes Ausschreibungsverfahren vergeben.
Die Veranstaltung diente als Einstieg, Beschaffungsprozesse der Bundeswehr und der großen Rüstungsfirmen zu verstehen, eigene Lieferpotenziale zu identifizieren und die eigene Firmenphilosophie mit der Rolle als Wehrtechniklieferant zu überprüfen, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke. Die Lage in Europa habe sich mit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine grundlegend verändert. Die Bundeswehr stehe deshalb vor der gewaltigen Aufgabe, ihre Fähigkeiten in kurzer Zeit erheblich zu stärken – von der Modernisierung bestehender Systeme über den Erwerb neuer Technologien bis hin zur Gewinnung qualifizierten Personals. Das erfordere ein Beschaffungsvolumen in bislang nicht gekanntem Ausmaß. Die Wirtschaft spiele dabei eine zentrale Rolle. Daraus ergäben sich bedeutende Chancen für Unternehmen, sich als Partner der Bundeswehr zu positionieren und zur Sicherheit Deutschlands beizutragen.
Die Bedeutung dieses Themas, vor allem in der Abstimmung mit den europäischen Partnern und der USA, betonte der ehemalige Europaabgeordnete und vormalige Vorsitzende des EU-Verteidigungsausschusses Elmar Brok in seinem Grußwort. Er sprach sich dabei für eine Strukturreform der EU-Verteidigung mit einer Vereinheitlichung der europäischen Waffensysteme aus.
Rüdiger Skrzipietz von der GuS glass + safety GmbH & Co. KG aus Lübbecke, die Winkelspiegel und Panzerglas produziert, und bereits seit 48 Jahren als Produzent und Lieferant für die Bundeswehr tätig ist, schilderte in seinem Praxisbeispiel, wie die Zusammenarbeit mit den deutschen Streitkräften funktioniert. „Zunächst sollte man einen langen Atem haben. Es nimmt viel Zeit in Anspruch, um als Lieferant registriert zu werden.“ Er nannte einige Voraussetzungen dafür: das notwendige Marktverständnis, die passende Organisationsstruktur, die richtigen Produkte und Services sowie den Marktzugang und das Netzwerk.
Andreas Buthe von der Fischer Panda GmbH aus Paderborn, einem Hersteller von Stromgeneratoren, betonte besonders, dass die Produktionsvorgaben und sonstigen Anforderungen der Bundeswehr exakt eingehalten werden müssten. Dann ergäben sich für die Unternehmen viele Vorteile als Lieferant: „Die Abnahmen sind garantiert und das Zahlungsziel vergleichsweise kurz.“
Oberst Dirk Franke vom Landeskommando NRW der Bundeswehr aus Düsseldorf ging in seiner Schilderung der allgemeinen verteidigungspolitischen Situation auf die Übergangsszenarien vom Frieden bis hin zu Krisen und Krieg ein. Die Destabilisierung demokratischer Gesellschaften durch hybride Kriegsführung - wie Angriffe auf Sicherheits- und IT-Infrastruktur aber auch auf Unternehmen mit dem Ziel allgemeiner Verunsicherung - stünden aktuell besonders im Blickpunkt.