Die Wirtschaft in Ostwestfalen und in Deutschland sieht massiven Handlungsbedarf bei der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Das geht aus dem Unternehmensbarometer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und den von der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) ausgewerteten regionalen Ergebnissen hervor.
Bundesweit haben sich an der Umfrage rund 4.000 Unternehmen beteiligt, in Ostwestfalen waren es 36 Unternehmen, deren Spitzenvertreter Mitglied der IHK-Vollversammlung sind, dem Parlament der ostwestfälischen Wirtschaft.
„Die Ergebnisse zeigen, wie schwerwiegend die Probleme in vielen wirtschaftlichen Kernfeldern bewertet werden und dass dringender Handlungsbedarf besteht. Zur Sicherung des Industrie-standortes und zur Stärkung der Wirtschaft in ihrer Gesamtheit braucht es entschlossene Weichenstellungen und Reformwillen. Von einer neuen Bundesregierung erwarten die Unternehmen drastische Einschnitte bei der Bürokratie, mehr Tempo und Effizienz bei Genehmigungen sowie spürbare Entlastungen“, erklärt IHK-Präsident Jörn Wahl-Schwentker.
Die Ergebnisse des Unternehmensbarometers bestätigten Kernaussagen einer Blitzumfrage der IHK Ostwestfalen, an der sich im Dezember mehr als 850 Unternehmen in der Region beteiligt hatten.
Die Mehrheit der für das Unternehmensbarometer zwischen dem 27. Januar und 5. Februar befragten Unternehmen sowohl bundesweit als auch in Ostwestfalen stuft die Wettbewerbsfähigkeit seit der vorangegangenen Bundestagswahl im Herbst 2021 in vielen Kernbereichen als deutlich verschlechtert ein. Das gilt insbesondere für die Themenfelder Verlässlichkeit der Wirtschaftspolitik, Bürokratie und Auflagen, Energiekosten bei Strom und Gas sowie Arbeitskosten.
Ebenfalls kritisch bewertet wird die Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit bezüglich der Qualität der Verwaltung, dem Arbeits- und Fachkräfteangebot, der Verkehrsinfrastruktur, der Verfügbarkeit von Gewerbeflächen und der Unternehmensbesteuerung. Vergleichsweise neutral eingestuft wird die Veränderung der Wettbewerbsfähigkeit bei den Themen Digitale Infrastruktur, Forschung und Innovation sowie Gründungsfreundlichkeit.
Als wichtigste Handlungsfelder, die von einer neuen Bundesregierung vordringlich angepackt werden sollten, erfolgten die Nennungen in Ostwestfalen und bundesweit in nahezu identischer Größenordnung: Rund 95 Prozent der befragten Unternehmen nennen Bürokratie abbauen, 70 Prozent Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen. Verwaltungsleistungen beschleunigen und digitalisieren sagen bundesweit 69 Prozent – in Ostwestfalen lag der Anteil hier sogar bei 78 Prozent.
Fast zwei Drittel der Befragten in Deutschland und Ostwestfalen fordern eine Begrenzung der Sozialabgaben, insgesamt sprechen sich gut 60 Prozent für eine Reduzierung der Steuerbelastung von Unternehmen aus. Mehr als 50 Prozent der Unternehmen – im Gastgewerbe sogar 74 Prozent – fordern eine Erhöhung der Flexibilität am Arbeitsmarkt. Ähnlich viele – in der Industrie sogar rund zwei Drittel – fordern eine Reduzierung der staatlichen Belastung des Strompreises und eine Verbesserung der digitalen Infrastruktur.
Während etwas mehr als die Hälfte der Befragten in Ostwestfalen zudem den Punkt „Klimapolitik investitionssicher und wettbewerbsfähig gestalten“ als prioritär einstufen, sind es deutschlandweit 43 Prozent. Die Relevanz dieses Themas wird gleichwohl dadurch unterstrichen, dass flächendeckend fast zwei Drittel der Unternehmen der Aussage „Die aktuelle Gestaltung der Energiewende führt zu Mehrkosten im Betrieb und senkt die Wettbewerbsfähigkeit meines Unternehmens“ voll und ganz beziehungsweise ganz zustimmen. Zugleich sagt nur etwa jeder Fünfte, dass dies auf sein Unternehmen nicht oder überhaupt nicht zutreffe.
Darüber hinaus sprechen sich mehr als 80 Prozent aller befragten Unternehmen dafür aus, dass sich die Bundesregierung weltweit verstärkt für Handelsabkommen der EU einsetzen soll. Rund zwei Drittel meinen, eine weitere Erhöhung von Substanzsteuern wie Erbschaft-, Vermögen- oder Grundsteuer würde ihrem Unternehmen sehr schaden und dessen Existenz womöglich gefährden.
Ähnlich viele befürworten, dass die Finanzierung öffentlicher Investitionen zur Sicherung von Wohlstand und Wachstum und für die Transformation der Wirtschaft vornehmlich über Einsparungen an anderer Stelle in den öffentlichen Haushalten vorgenommen werden sollte. Nur rund 15 Prozent stimmen dem nicht zu.
Dass zur Finanzierung der Kreditspielraum der öffentlichen Haushalte erheblich erweitert werden sollte, bejahen bundesweit 37 Prozent, in Ostwestfalen sogar nur rund 28 Prozent. Jeweils gut 40 Prozent lehnen dies ab.