In einer Podiumsdiskussion zur Landratswahl im September im Kreis Herford haben sich jetzt alle anwesenden Kandidierenden gegen die neu geplante Bahntrasse zwischen Bielefeld und Hannover ausgesprochen. Gleichzeitig forderten sie aber eine umweltverträgliche Bahnpolitik und damit einhergehend den Ausbau des ÖPNV-Netzes. Bei der von der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) im Herforder Denkwerk organisierten Veranstaltung stellten drei der vier Kandidierenden für das Amt der neuen Landrätin beziehungsweise des neuen Landrats jeweils ihr Wahlprogramm für die Wirtschaft vor: Mirco Schmidt (CDU), Frank Diembeck (SPD sowie Bündnis 90/Grüne) und Marco Asbrock (Freie Wähler). Melanie Ameling (Die Partei) hatte krankheitsbedingt absagen müssen. Zentrale angesprochene Themen waren die Bürgernähe der Verwaltung sowie der Zustand und Ausbau der Infrastruktur, die Leistungsfähigkeit der Kreisverwaltung sowie Ausbildung und Fachkräfte.
Die Kandidierenden stellten sich in der gut besuchten Podiumsdiskussion den Fragen der anwesenden Unternehmerschaft sowie dreier in der IHK engagierter Unternehmerinnen und Unternehmer: Alexandra Altmann, IHK-Vizepräsidentin und Geschäftsführende Gesellschafterin der Altmann GmbH Bauteile für Mess- und Regeltechnik, Rainer Döring, Vorsitzender des IHK-Handelsausschusses und Geschäftsführer der Expert Döring GmbH & Co. KG, sowie Jan Ottensmeyer, Vorsitzender des IHK-Industrieausschusses und Geschäftsführender Gesellschafter der AGOFORM GmbH.
Beim Thema Infrastruktur ging es auch um den Zustand der Straßen im Kreis und den Ausbau des Mobilfunk- und Glasfasernetzes. Marco Asbrock wies darauf hin, auch den motorisierten Individualverkehr nicht zu vernachlässigen. Gerade in einem teilweise ländlich geprägten Kreis seien die Bürgerinnen und Bürger auf das Auto angewiesen. In diesem Zusammenhang sei auch die Erreichbarkeit der Zentren und des Handels von großer Bedeutung.
Die Wirtschaft des Wittekindkreises drängt seit Jahren auf vereinfachte und beschleunigte Genehmigungsverfahren. Die anwesenden Kandidierenden versprachen, sich für mehr Effizienz in der Verwaltung einsetzen, um Planungssicherheit zu schaffen und Investitionen zu erleichtern. Den Verwaltungsmitarbeitenden soll mehr Gestaltungsspielraum gegeben werden, digitale Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) sollen die Prozesse beschleunigen und vereinfachen. Gerade die Ausweitung der Ermessensspielräume hält Jan Ottensmeyer für zwingend erforderlich. Dafür müsse aber ein Mentalitätswandel in der Verwaltung stattfinden und Bürokratie abgebaut werden. Mirco Schmidt will dazu sogenannte Experimentierklauseln zum Bürokratieabbau nutzen, um zu schnelleren Entscheidungen der Verwaltung zu kommen.
Dass der Kreis Herford vom Grundsatz her ein lebenswerter Kreis sei, darüber waren sich alle Kandidierenden einig. Dies gelte es zu erhalten und auszubauen. Dazu zähle die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, der Ausbau von Bildungs-, Kultur- und Freizeitangeboten sowie der Gesundheitsversorgung. Speziell die wohnortnahe medizinische Versorgung stelle eine große Herausforderung dar. Während Frank Diembeck gerade bei der kinderärztlichen Notarztversorgung auf eine dezentrale Struktur setzt, geht Mirco Schmidt von einer zentralen Lösung aus.
Die Herausforderungen für die Kommunen werden von den Kandidaten zwar gesehen, dennoch müssen auch die Kosten des Kreises gedeckt und Investitionen getätigt werden. Diesen Spagat sahen die drei Kandidierenden und setzten dabei auf Transparenz, ohne konkrete Versprechen zu machen. Die Wirtschaftsvertretenden mahnten, dass bei schwieriger Wirtschaftslage Gewerbe- und Grundsteuer, die Hauptfinanzierungsinstrumente der Kommunen sind, nicht wahllos angehoben werden könnten. Der zukünftige Landrat werde darüber hinaus auch als Botschafter der Wirtschaftsinteressen über den Kreis hinaus wichtig sein.