Die Unternehmen im Kreis Paderborn blicken weiterhin verhalten auf das laufende Wirtschaftsjahr; die Einschätzungen fallen überwiegend kritisch aus. „Ein erneuter Rückgang der Auftragseingänge in der Industrie, ein gedämpftes Geschäft im Handel, anhaltend hohe Energiepreise und schwierige wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen trüben die Erwartungen“, resümiert IHK-Vizepräsident Thilo Pahl die Herbstumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld für den Kreis Paderborn. An der Erhebung beteiligten sich knapp 300 Unternehmen mit insgesamt rund 12.000 Beschäftigten aus Industrie, Handel und Dienstleistungen.
Der Konjunkturklimaindikator, der Lage und Erwartung verknüpft, liegt über alle Branchen hinweg bei 94 Punkten und damit leicht im negativen Bereich (100 = Neutralmarke). In der Industrie verbessert sich der Wert gegenüber Herbst 2024 von 84 auf 91 Punkte, so die IHK, bleibt jedoch unter 100, vor allem wegen der schwachen momentanen Lagebeurteilung. Die Dienstleistungen geben leicht nach auf 102 Punkte, der Handel fällt auf 83 Punkte, „was die schwache Konsumstimmung widerspiegelt“, wie Pahl erläutert.
Die aktuelle Geschäftslage bewerten laut IHK-Befragung 29 Prozent der Industrieunternehmen als gut sowie 26 Prozent der Dienstleister und 16 Prozent der Händler. Als schlecht hingegen bezeichnen 38 Prozent der Industriebetriebe ihre derzeitige Lage – Pahl: „Das stellt sogar eine leichte Verbesserung gegenüber dem Vorjahr dar“. Die Auslastung der Industriebetriebe bleibe allerdings gedämpft: 37 Prozent der Industriebetriebe liegen unter 80 Prozent Kapazitätsauslastung (Herbst 2024: 47 Prozent). Für die kommenden zwölf Monate erwarten in der Industrie 15 Prozent der Unternehmen eine Verschlechterung und 8 Prozent eine Verbesserung. „Schwache Inlandsnachfrage, steigende Arbeitskosten und Unsicherheit über die politischen Rahmenbedingungen belasten die Unternehmen ebenso wie internationale Risiken“, so Pahl. Die Datenlage unterstreiche den Druck der Betriebe: Im ersten Halbjahr 2025 lag der Umsatz des Verarbeitenden Gewerbes im Kreis Paderborn bei 3,259 Mrd. Euro und damit knapp sechs Prozent unter Vorjahr. „Das belegt die schwierige Lage der Industrie in der Region“, sagt IHK-Geschäftsführer Jürgen Behlke. „Bei der Beschäftigung verzeichnet der Kreis Paderborn ein Minus von 2,4 Prozent – innerhalb Ostwestfalens der dritthöchste Rückgang.“
Vor diesem Hintergrund richtet die IHK klare Erwartungen an die Politik: Bezahlbare, verlässliche Energie durch Entlastungen bei Abgaben und Netzentgelten sowie ein zügiger Ausbau von Netzen und gesicherter Erzeugung. Nötig seien außerdem ein echter Planungs- und Genehmigungsturbo über alle Verkehrsträger und Wirtschaftsflächen hinweg – digital, fristgebunden und mit professionellem Baustellen- und Genehmigungsmanagement. Zudem müssten regional die Möglichkeiten interkommunaler Gewerbegebiete besser genutzt werden. Und der aktuell nochmals angekündigte Bürokratieabbau müsse endlich beginnen und Investitionen erleichtert werden. Dazu zähle es, Berichtspflichten zu bündeln, Doppelmeldungen zu streichen, Vergaben vollständig digital und mittelstandstauglich, bessere Abschreibungen und Forschungsförderung sowie schnellerer Zugang zu EU-Programmen zu ermöglichen. Für Fachkräfte brauche es schnellere Anerkennungen, digitalisierte Visa-/Ausländerbehörden und gezielte Weiterbildungen.
„Unsere Unternehmen brauchen jetzt Planungssicherheit: bezahlbare Energie, schnellere Genehmigungen und weniger Papierkram. Dann folgen Investitionen – und mit ihnen Wachstum und Beschäftigung“, fasst Pahl zusammen. Und Behlke ergänzt: „Die Zahlen mahnen. Wenn wir Bremseffekte konsequent abbauen, hat die Region die Substanz für einen Aufschwung. Politik und Verwaltung sind jetzt am Zug, die Voraussetzungen dafür zu schaffen.“
