Die wirtschaftliche Lage und die Stimmung der Unternehmen in Bielefeld bleiben angespannt. Das zeigt die Herbstkonjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK). „Eine Trendwende ist auch in Bielefeld nicht in Sicht“, fasst IHK-Präsident Jörn Wahl-Schwentker die Ergebnisse zusammen und konstatiert: „Die neue Bundesregierung muss Impulse für einen Wirtschaftsaufschwung setzen, richtige und wichtige Weichenstellungen müssen endlich bei den Unternehmen ankommen.“
An der Umfrage beteiligten sich in Bielefeld 366 Unternehmen mit 27.223 Beschäftigten. Darunter waren 48 Industriebetriebe mit 8.935 Beschäftigten, 103 Handelsunternehmen mit 4.440 Beschäftigten sowie 215 Dienstleister mit 13.848 Mitarbeitenden. In der Industrie bleibt der konjunkturelle Druck deutlich spürbar. Zwar ist der Anteil der Betriebe, die ihre aktuelle Geschäftslage als schlecht bewerten, gegenüber dem Frühjahr von 51 auf 37 Prozent zurückgegangen. Doch nur sieben Prozent sprechen von einer guten Geschäftslage, 56 Prozent bezeichnen sie als befriedigend. Auch die Auslastung spiegelt die Krise wider: Noch immer geben fast zwei Drittel der Unternehmen an, dass ihre Produktionskapazitäten zu unter 80 Prozent ausgelastet sind. Nur sechs Prozent sind zu mehr als 95 Prozent ausgelastet. Immerhin investieren mehr Unternehmen wieder verstärkt: 24 Prozent nach 18 Prozent im Frühjahr investierten mehr als im Vorjahr, weiterhin ein gutes Drittel allerdings auch weniger.
Für die kommenden zwölf Monate erwarten 81 Prozent der Industriebetriebe keine
Veränderung der Geschäftslage, lediglich sieben Prozent rechnen mit einer Verbesserung, zwölf Prozent mit einer weiteren Verschlechterung. Auch bei der Beschäftigungsentwicklung bleibt im Saldo eine negative Erwartung: 37 Prozent der Industriebetriebe rechnen mit Personalabbau, nur 18 Prozent planen einen Aufbau.
Als größte Risiken für die weitere Entwicklung nennen die Industriebetriebe in Bielefeld die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (82 Prozent). Damit ist – im Gegensatz zu ganz Ostwestfalen – die Einstufung sogar weiter angestiegen und bleiben die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen aus Sicht der Bielefelder Industrie das Top-Risiko. Auf weiterhin hohem, aber rückläufigem Niveau werden Arbeitskosten (71 Prozent) und Inlandsnachfrage (68 Prozent) genannt. Deutlich häufiger als im Frühjahr wird nun die Auslandsnachfrage als Risiko angeführt – und zwar von 57 statt zuvor 44 Prozent der Unternehmen. Dies dürfte in direktem Zusammenhang zur Belastung durch die neuen US-Zölle und deutlich gesunkenen Auslandsumsätzen stehen.
Handel und Dienstleister in Bielefeld sind ebenfalls unter Druck. Im Handel hat sich die Lage gegenüber dem Frühjahr kaum verändert: Nur 15 Prozent der Betriebe bewerten ihre Geschäftslage als gut, 32 Prozent als schlecht und 53 Prozent als befriedigend. Für die kommenden Monate erwartet gut die Hälfte der Unternehmen keine Veränderung, lediglich 13 Prozent rechnen mit einer Besserung, 32 Prozent indes mit einer Verschlechterung. Auch die Beschäftigungsaussichten sind eher negativ: Sieben Prozent planen Neueinstellungen, 18 Prozent einen Abbau. „Schwache Industrieimpulse, niedrige Auftragseingänge und hoher Kostendruck belasten vor allem den Großhandel. Im Einzelhandel kommt noch die Kaufzurückhaltung der Konsumenten hinzu“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke.
Im Dienstleistungsbereich hat sich die Stimmung weiter eingetrübt. Noch 25 Prozent der Unternehmen bewerten ihre Lage aktuell als gut (Frühjahr: 29 Prozent), 26 Prozent als schlecht (Frühjahr: 25 Prozent), knapp jedes zweite als befriedigend. Für die kommenden Monate rechnen 60 Prozent mit keiner Veränderung, erwarten 21 Prozent eine Verbesserung und 19 Prozent eine Verschlechterung der Geschäftslage. Bei den Beschäftigungsplänen rechnen 15 Prozent der Dienstleister mit einem Aufbau von Personal, 14 Prozent mit einem Rückgang, das Gros erwartet gleichbleibende Personalstärken. „Der Dienstleistungssektor zeigt derzeit eine gemischte Entwicklung: Teilbereiche wachsen, andere entwickeln sich schwächer“, erläutert Pigerl-Radtke. Die Digitalisierung bleibe weiterhin Entwicklungstreiber. Auch bei den Dienstleistern drückten insbesondere steigende Personal-, Energie- und Betriebskosten auf die Margen und verhinderten oftmals Investitionen.
„Die Unternehmen blicken nicht nur subjektiv kritisch auf die Lage – auch die amtlichen Daten belegen die anhaltende Schwäche“, sagt die IHK-Hauptgeschäftsführerin. Demnach beliefen sich die Gesamtumsätze der Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitenden im Verarbeitenden Gewerbe in Bielefeld von Januar bis Juli 2025 auf 2,4 Milliarden Euro – ein Minus von 9,0 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Die Auslandsumsätze gingen dabei – entgegen positiver Erwartungen – um 21,5 Prozent auf 895 Millionen Euro zurück, während die Inlandsumsätze leicht um 0,5 Prozent auf 1,51 Milliarden Euro zulegten. Die Exportquote fiel damit von 43,1 auf 37,1 Prozent.
Die Zahl der Beschäftigten in der Industrie sank in Bielefeld im Jahresdurchschnitt um 2,0 Prozent auf 18.770. „Seit dem Höchststand Anfang 2019 ist die Beschäftigtenzahl um rund 1.750 Personen zurückgegangen“, so Pigerl-Radtke. Zum Stichtag 31. Dezember 2024 ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten insgesamt erstmals seit 2009 wieder im Jahresvergleich gesunken. Sie erreicht mit 168.857 nach 169.453 im Vorjahr aber noch immer das zweithöchste Niveau.
Pigerl-Radtke appelliert: „Jetzt ist von Politik und Verwaltungen auf allen Ebenen Umsetzung gefordert: beim Bürokratieabbau, bei Planungsbeschleunigung und für wettbewerbsfähige Standortbedingungen, damit Unternehmen investieren, Innovationen anschieben und Beschäftigung sichern können.“
